Paradigmenwechsel hin zu mehr Bildungsqualität

Klare Worte von dem Bildungspolitiker Karl-Heinz Klare: Fünf Prozent der Schulen in Niedersachsen haben versagt

Coppenbrügge/Hohnsen (wbn). Es gibt Zahlen und Fakten, da müsste es einen Aufschrei der Empörung geben. Aber er kommt einfach nicht. Weil der Redner sie betont sachlich in einem normalen Ton vorträgt. Ohne Alarmklingel. Karl-Heinz Klare hat so ein Beispiel geliefert. Als bildungspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in Hannover und als Überraschungsgast beim traditionellen Grünkohl-Essen des CDU-Gemeindeverbandes im Hohnser Gasthaus Kasten. Was Klare gesagt hat? Der aufrüttelnde Satz ist ganz einfach, klarer geht’s nicht: „Fünf Prozent aller Schulen in Niedersachsen müssten den Schlüssel umdrehen, weil sie das nicht an Bildung vermitteln, was sie vermitteln müssten.“

Im Publikum war aber keine sonderliche Reaktion zu verspüren. Ist das Ansehen der Lehrerschaft in Niedersachsen und der Schullandschaft schon so schlecht, dass diese niederschmetternde Erkenntnis eher beiläufig und als Zugabe zum Grünkohl zur Kenntnis genommen wird? Karl-Heinz Klare, selbst einst Schulleiter an einer Hauptschule, hat zum Teil die Situation beschrieben, wie sie von der CDU zu Beginn ihrer Regierungsperiode an der Leine übernommen wurde. Einen „Paradigmenwechsel“ hat er deshalb verkündet, die Abkehr von der unseligen Situation des auf der Stelle Tretens in Sachen Schulstruktur, hin zur Frage wie die Unterrichtsqualität an den Schulen im Lande insgesamt verbessert werden könne. 2003 hätten 10 Prozent der Schüler ohne Abschluß die Schule verlassen, 15 Prozent hätten immerhin ein Zeugnis, aber nicht die entsprechenden Kenntnisse gehabt, 25 Prozent eines Klassenjahrganges hätten gar keine Berufsperspektive vorweisen können. Und: „25 Prozent der Schulabgänger sind heute in Hartz IV“. Das mit dem Paradigmenwechsel nimmt Klare ernst.

(Zum Bild: Der bildungspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Karl-Heinz Klare war der Überraschungsgast beim Grünkohlessen im "Kasten" in Hohnsen. Foto: Weserbergland-Nachrichten.de)

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Die Grundschule sei die wichtigste Schule überhaupt, verkündet er in die grünkohlgesättigte Runde von heimischen Landwirten, Handwerkern, Facharbeitern, Angestellten und Beamten, die das gerne hören, aber nicht so recht glauben können.  Grundschulen stehen in der Realität der Bildungshierarchie nämlich ganz unten. Alarmierend genug, dass dort nahezu ausnahmslos Lehrerinnen beschäftigt sind. Und wenn doch ein Mann anzutreffen ist, dann ist es eben der Rektor.  Hehrer Anspruch und bildungsideologische Wirklichkeit prallen hier wieder einmal aufeinander.

Die ersten sechs Jahre seien für die frühkindliche Entwicklung entscheidend, gibt Klare zu bedenken und begründet damit die Aufwertung von frühkindlicher Erziehung, von Kindergarten und Grundschule. Tatsächlich gehört das schon zum Uraltwissen der Erzieher und Pädagogen aus den 60er Jahren. Nur, in den ideologisch geprägten Intensivdebattier-Zirkeln der GEW mit ihren abgehobenen sozialpolitischen Themenstellungen hatte diese Erkenntnis nicht Eingang gefunden. Jetzt aber krempeln Bildungspolitiker wie Klare die Ärmel hoch und sprechen Klartext. Es solle nur noch Schulabschlüsse bei zentraler Prüfung in Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien geben. Von einem regelrechten „Gütesiegel“ ist die Rede. Die Zahl der Schüler, die ohne Abschluss sind, sei schon auf unter 8 Prozent gedrückt worden. „Die Qualität muss stimmen, die Schule muss für Kinder gelingen“, hämmert  Klare der Grünkohlrunde  im Kasten ein, die spürt, dass der Redner tatsächlich was bildungspolitisch auf dem Kasten hat. Er propagiert die „verpflichtende Zusammenarbeit von Kindergarten und Grundschule“. Das dritte Kindergartenjahr werde beitragsfrei und zur Pflicht gemacht. Der Sprachförderung ein Jahr vor der Grundschule misst er große Bedeutung bei, weil die Erfahrung gezeigt habe, dass es dann in der Grundschule weniger Kinder gebe, die stören würden. 1151 Ganztagesschulen gebe es jetzt in Niedersachsen. Das sollen zügig noch mehr werden. „Jedes Jahr werden alle Anträge genehmigt“ – so sie rechtzeitig gestellt werden.

Auch zur Entlastung der Lehrer scheut Klare nicht vor einem „Paradigmenwechsel“ zurück: 30 Prozent der Unterrichtsinhalte könne man getrost wegkürzen, damit die Lehrer sich auf das Wesentliche besinnen könnten. Begründung: Die Schüler von heute hätten einen anderen Zugang zu Informationen als früher. Durch das Internet etwa. Über Napoleon könne sich der Schüler beispielsweise auch anderweitig informieren.  Da kam freilich Widerspruch aus dem Publikum, mit dem Hinweis verbunden, dass auch Fähigkeiten in der Schule erst einmal eingeübt werden müssten. Und das seinerzeit geforderte Auswendiglernen von Schillers Glocke habe schließlich auch nicht geschadet. Ein Klassiker bei den basisdemokratischen Wortmeldungen im bürgerlichen Lager.

Klare ließ keinen Zweifel daran, dass das CDU-FDP-Bündnis in Hannover Nägel mit Köpfen macht und im März das neue Schulgesetz verabschiedet. Die neue Oberschule (aus Haupt- und Realschule) trage vielerorts zur Standortsicherung bei und werde ab dem Schuljahr 2011 eingeführt.  Schon im Januar können die Schulträger entsprechende Anträge stellen. Klassenstärken mit maximal 26 Schülern, mindestens Dreizügigkeit und die Einrichtung eines gymnasialen Zweiges sind Merkmale dieser neuen Schulform, von der sich die christdemokratisch-liberale Mehrheit im Landtag von Hannover einen Qualitätssprung und das Ende der unseligen Strukturdiskussion erhofft.

Den Grünkohl-Essern in Hohnsen tat sich somit eine blühende Bildungslandschaft auf, was Thorsten Kellner, den CDU-Gemeindeverbandsvorsitzenden dazu veranlasste andächtig zum Meyerschen Grünen – oder auch Grünen Meyerschen – zu greifen. Das ist eine kultische, gut getimte Handlung im bis auf den letzten Platz besetzten „Kasten“. Ein Ritual, das Kellner alle Jahre wieder  fast schon mit der Andacht eines Messdieners zelebriert, wobei es nicht ohne seinen üblichen  Spruch abgeht, dass das Glas in rotem und in grünem Ton schimmere und man beides im Zuge dieser Erkenntnis am besten gleich wegkippe.

Beobachtung am Rande: Den Deppmeyer-Otto (MdL) hat das alles nicht so interessiert. Er hat das grüne Ding gleich weggekippt als es auf den Tisch kam. Als Landwirt und CDU-Landtagsabgeordneter aus Hessisch Oldendorf mag er klare Verhältnisse und labert, für gestandene Politiker eigentlich ungewöhnlich, nicht lange rum. So hatte er denn ein leeres Schnapsglas in der Hand, als alle sich andächtig mit dem Meyerschen Grünen zur kollektiven Vernichtung von Rot-Grün zuprosteten.  Nachgeschenkt hat keiner. Die Sitten sind hart. Aber Deppmeyer muss ja als Chef der CDU-Kreistagsfraktion im Kreistag von Hameln-Pyrmont mit den Grünen auch eng zusammenarbeiten, was erstaunlich gut klappt.

(Zu den beiden Bildern: Thorsten Kellner beglückwünscht als CDU-Gemeindeverbandsvorsitzender von Coppenbrügge den Gastredner für seinen anschaulichen Ausflug in die niedersächsische Bildungspolitik und überreicht "Coppenbrügger Getränke". Foto unten: Der heimische Landtagsabgeordnete Otto Deppmeyer gibt sich vom Erfolg der Oberschule auch im Weserbergland überzeugt. Der "Grüne Meyersche" macht ihn siegessicher. Fotos: Weserbergland-Nachrichten.de)

 
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