Stirnrunzeln bei den Verbraucherschützern in Niedersachsen

War Hamelns groß angekündigte "Matjes-Meile" wieder mal eine Veräppelung der Verbraucher?

Von Ralph Lorenz

Hameln (wbn).  Wieviel Etikettenschwindel darf sich das Hamelner Stadtmarketing eigentlich im Namen der Rattenfängerstadt erlauben? Zum sechsten Mal hat am Wochenende in der Hamelner Bahnhofstraße die sogenannte „Matjesmeile“ stattgefunden. Ein Matjesfest, auf dem es keinen einzigen Bissen vom neuen, jungen Matjes gab. Weil der erst noch gefangen werden muss und zu einem exakt festgelegten Stichtag verkauft werden darf!

Das Hamelner Stadtmarketing lockte auf seiner offiziellen Internetseite mit der Aussicht auf „jungen Matjes“. Doch diese Verheißung ist schnell abgehakt. Es gibt kein sich über eine „Meile“ erstreckendes Angebot von Matjesprodukten, sondern es findet sich nur ein einziger  Stand mit Matjes. Der Matjesverkäufer, der extra aus dem Ruhrgebiet angereist ist und auch nicht so richtig weiss, was das hier in Hameln soll, grinst verlegen. „Wir sind die Meile“. Wir, das sind gerade mal zwei Meter improvisierte Thekenfläche. Und bei der Frage nach dem „jungen Matjes“ blitzen kurz die Augen auf. „Wir haben frischen Matjes“, antwortet er, wohl wissend, dass dies eine ausweichende Antwort ist. Auf nochmaliges Nachfragen der Weserbergland-Nachrichten.de muss er dann zugeben: „Wir haben noch keinen neuen, jungen Matjes.“ Der werde erst im Juni verkauft.

(Zum Bild: Die Hamelner "Matjes-Meile" vom vergangenen Samstag. Nur ein Stand bot wirklich Matjes an. Von den angeblich vielen Matjesvariationen, die angekündigt wurden, war keine Rede. Foto: Lorenz)

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 Wann genau, scheint er aber auch nicht zu wissen. Er weiß aber eines ganz klar: Dass er den Kunden keinen „jungen Matjes“ als neue Ware anbieten und verkaufen darf. Denn in diesem Jahr wird die Matjessaison erst noch eröffnet. Der Fisch, den sich die Mehrzahl der Besucher einer großspurig angekündigten „Matjesmeile“ in der Bahnhofstraße erhofft haben dürfte, muss demnach erst noch in dieser Woche gefangen werden. Offiziell darf in Deutschland erst in der kommenden Woche der neue junge Matjes verkauft werden. Das hat eine zwingende Logik: Die Matjes-Saison wird in diesem Jahr am 9. Juni eröffnet. Traditionell geschieht dies auf dem Bremer Domshof in Anwesenheit der Matjesgilde und vieler Feinschmecker und Schaulustiger – 2010 bereits zum 27. Mal.

Verbraucherschützerin in Hannover spricht von Etikettenschwindel

Einen Tag zuvor werden im Heimatland des Matjes, in den Niederlanden, die Fässer mit dem frisch gereiften Delikatess-Fisch geöffnet. Kein Holländer wird das Risiko eingehen vorher seinen jungen Matjes zu verkaufen. Er würde eine Konventionalstrafe in sechsstelliger Höhe riskieren und sich in der Branche blamieren. Hedi Grunewald, Ernährungsreferentin vom Verbraucherschutz in Niedersachsen, findet da ganz klare Worte: „Wer den Eindruck erweckt, es könnte sich bei Matjes um die neue, frische Ware der neuen Saison handeln, begeht Etikettenschwindel.“ Das sei klar abmahnfähig.

Hamburger Fischexperte: Es hat definitiv noch keinen neuen Matjes gegeben

Dr. Matthias Keller vom Fischinformationszentrum in Hamburg spricht von „Veräppelung des Verbrauchers“ und sieht es genau so. Der Handel sei zu „Wahrheit und Klarheit“ verpflichtet. Fischexperte Dr. Keller: „Es hat definitiv noch keinen neuen Matjes gegeben.“ Der noch nicht geschlechtsreife Hering brauche noch ein paar Tage, bis er den Fettgehalt von zwölf Prozent erreicht habe. Verbraucherberaterin Hedi Grunewald: „Frischer, gereifter Matjes der neuen Saison schmeckt einfach anders.“ Er habe einen stärkeren Geschmack und sei eindeutig hochwertiger als der alte Matjes aus dem vergangenen Jahr, der durch die Lagerung an Qualität verloren habe. Grunewald: „Das Fett oxydiert.“ Jürgen Krögler, Matjes-Experte aus Bremen, verweist darauf, dass sich die Bremer eisern an den offiziellen Stichtag halten und am Mittwoch, 9. Juni um 10.30 Uhr der „Matjes-Hermann“ in Aktion tritt. Auf dem Domshof öffnet er in der alten Hansestadt das erste Fass.

"Der Fisch schmeckt so komisch wässrig"

Ziemlich sauer reagierte denn auch am vergangenen Samstag jenes Ehepaar, das extra in die „Matjesmaile“ angereist war, im Glauben es könne sich gar den Weg nach Holland oder Bremen sparen. „Der Fisch schmeckt so komisch wässrig“, befand der Gast der Rattenfängerstadt und stocherte ratlos in seinem Matjessalat herum. Seine Frau assistierte: „Wir waren gerade in Emmern und hatten im Lokalradio von der Matjesmeile gehört. Das ist aber kein neuer Matjes. Und dann ist da nur ein einziger Stand.“

Die beiden kommen nicht wieder. Schon gar nicht in eine „Meile“, die nur aus einer Fischbude besteht. Das Hamelner Stadtmarketing hat das mit dem Matjes gründlich versemmelt. Zum sechsten Mal.

 
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