Am Tag seiner Nominierung war Wulff zur Jubiläumsfeier des Landkreises im Weserbergland-Zentrum zu Gast

Die Zitterpartie um den Bundespräsidenten Christian Wulff - im Weserbergland hatte sie am 3. Juni begonnen und am 30. Juni in Berlin geendet 

Anmerkungen zur Präsidentenwahl von Ralph L o r e n z

Hameln/Berlin (wbn). „Hat heute in Gestalt von Christian Wulff (CDU) bereits der nächste Bundespräsident dem Landkreis zum 125-Jährigen gratuliert und niemand hat's geahnt?“ Der Satz stammt aus einer Meldung der Weserbergland-Nachrichten.de, die noch hochaktuell während des Landkreis-„Geburtstagsjubiläums“ im Weserberglandzentrum geschrieben worden war. Zu diesem Zeitpunkt, an jenem denkwürdigen 3. Juni, hatte Wulff vorzeitig den Festakt verlassen und war nach Cuxhaven aufgebrochen. Von dort war er dann mit dem Hubschrauber nach Berlin ins Zentrum der Macht zum Kanzleramt geflogen worden.

Am selben Abend, gleich nach den „heute-Nachrichten“, gab es ein „heute-Spezial“ mit dem alles beherrschenden Thema der Wulff-Kandidatur für das protokollarisch höchste Amt im Staat, dem des Bundespräsidenten. Seit gestern Abend, nach einer mehr als neunstündigen Zitterpartie, wissen wir nun auch, dass er’s tatsächlich geworden ist. Er ist der jüngste Bundespräsident in der noch jungen Geschichte der Bundesrepublik und der noch jüngeren Geschichte der Wiedervereinigung Deutschlands. Alles Schöne und Wichtige im Leben des 51 Jahre alten angehenden Bundespräsidenten Christian Wulff verbindet sich irgendwie mit dem romantischsten Winkel von Niedersachsen, mit dem Bergland an der Weser.

Wulffs Biographie ist mit dem Weserbergland verknüpft

Auf Schloss Schwöbber wurde Wulff diskret von einem Aerzener Standesbeamten getraut, hier hat er entspannt mit der Familie gefeiert und in  Bad Pyrmont hat Wulff wichtige Landesgäste empfangen. Und der Landkreisgeburtstag im Weserbergland war also auch der „Morgentermin“ an jenem sehr langen, für die politische Karriere ereignisreichsten Tag im Leben des Christian Wulff. An Dramatik übertroffen wurde der 3. Juni nur noch von dem gestrigen Wahlprocedere am 30. Juni. Da ging der Kandidat durch den dritten Wasch- und Schleudergang der Bundesversammlung, die aus Wahlfrauen und Wahlmännern besteht. Und wie durcheinandergewirbelt sah der sonst Perfektion ausstrahlende Politiker mit dem sagenhaften Schwiegersohn-Charme auch aus als er ans Rednerpult trat – er hat sich den Schweiß von der Stirn gewischt. 

 (Zum Bild: Christian Wulff am denkwürdigen 3. Juni im Hamelner Weserbergland-Zentrum. Da sprach er mit Landrat Rüdiger Butte und wusste morgens noch nicht, dass er abends in Berlin die Top-Nachricht von ARD und ZDF sein wird. Foto: Lorenz)

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Es gibt Situationen, in denen reflexhaft abgerufene Floskeln ihrer Sinnhaftigkeit entkleidet werden. Dies war so eine. Als der soeben gewählte Kandidat sich für das ihm geschenkte Vertrauen bedankte. Klar doch, er hatte zwei Stimmen über die absolute Mehrheit bekommen. Aber am meisten überrascht waren wohl die Kanzlerin und der Kandidat selbst. Denn an diesem Abend in Berlin hat niemand niemandem mehr so richtig vertraut und hinter die Stirn gucken können. Merkel, der in ihrem vollklimatisierten steril dekorierten Kanzleramtsbüro wohl auch der Sinn für das politische und gesellschaftliche Klima im Lande abhanden gekommen ist,  hat an diesem Tag die „Gelb-rote Karte“ gesehen, die man nur vom Fußballfeld her kennt.

Patchwork-Familienvater aus der Miracoli-Spaghettigeneration

Die Wahlversammlung hat den Merkel-Kandidaten Wulff scheitern lassen, um die Strippenzieherin im Hintergrund abzustrafen. In den ersten zwei Wahlgängen wurde über Merkel abgestimmt, erst im dritten Wahlgang, bei dem nur noch die einfache Mehrheit zählen sollte, über den Niedersachsen Wulff. Und der vereinigte dann mehr auf sich als erwartet. Die aus den Wahlmännern und Wahlfrauen bestehende Bundesversammlung hat der Demokratie an diesem Tag ausdrücklich einen Dienst erwiesen. Die Männer und Frauen haben sich der kalten, emotionsfreien Machtarithmetik der Angela Merkel trotzig entzogen. Auf einer Weise, die noch viele Publizisten und Politologen beschäftigen wird. Es ist zugleich ein Vorzeichen für das Amtsverständnis des zehnten Bundespräsidenten, der da heißt, Christian Wulff. Ein Katholik und Patchwork-Familienvater. Aus der Miracoli-Spaghetti-Generation. Die Art und Weise, wie Wulff gewählt worden ist, signalisiert ihm die Notwendigkeit, noch längere Brücken zu bauen, als ursprünglich gedacht. Der Kandidat der SPD und der Grünen, Joachim Gauck, hätte das auch gekonnt. Wenn nicht noch besser. Es war ein Gegenkandidat mit CDU-Genen. Sigmar Gabriels personalpolitisches Meisterstück.

Gauck ist der moralische Sieger dieser denkwürdigen Präsidentenwahl

Gauck ist in dieser Wahlarena über sich hinaus gewachsen und der moralische Gewinner des gestrigen Tages. Indem der legendäre DDR-Vergangenheitsbewältiger nicht Zugbrücken auf Kosten der Glaubwürdigkeit heruntergelassen hat, sondern unüberbrückbare Standpunkte gegenüber den betonharten SED- und Stasi-Kadern aufzeigte. Er hat der Versuchung widerstanden, sich jenen Linken unter den Wahlmännern und Wahlfrauen anzubiedern, die schon wieder in Ostalgie verfallen und das Stasi-Regime der SED in unverbrüchlicher Linientreue verharmlosen. Ein aufgrund eines Kotaus vor der DDR-Vergangenheit von Gnaden der SED-Linken ernannter Bundespräsident Gauck hätte das Ansehen des Bundespräsidenten für alle Zeiten schwer beschädigt. So aber ist es zu einem Kuriosum gekommen, das SPD-Chef Sigmar Gabriel in seiner unnachahmlichen Weise auf den Punkt gebracht hat. Die Linkspartei habe "Schuld daran", dass der auch von der Bevölkerung mehrheitlich gewünschte rotgrüne Präsidentschaftskandidat Gauck nicht gewählt worden sei.

Krellmann sei Dank - der Kandidat Wulff hat's im dritten Anlauf geschafft

Anders herum bedeutet das: Wulff hat seinen Sieg im entscheidenden dritten Wahlgang dem Starrsinn der Linken zu verdanken. Und damit auch jener heimischen Linken-Kandidatin Krellmann, die vor kurzem noch gegenüber den Weserbergland-Nachrichten.de so apodiktisch wissen ließ: "Ich werde den von SPD und Grünen nominierten Kandidaten Joachim Gauck auch in einem dritten Wahlgang in der Bundesversammlung nicht wählen können.“  

 
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