Biogasanlage und Blockheizkraftwerke machen es möglich: Sauberer Strom und billige Wärme für die Badeanlagen und das Krankenhaus Lindenbrunn - es gibt nur Gewinner

Saugut: Die neue Mais-Biogasanlage für Coppenbrügge. Nicht nur die Bürger, auch die Wildschweine haben was davon. Und die Jäger auch

Von Ralph Lorenz

Coppenbrügge (wbn). Es ist ein starkes Trio: Vier Coppenbrügger Landwirte, die Gemeinde Coppenbrügge und die Stadtwerke Weserbergland ziehen an einem Strang wenn es darum geht Freibad und Hallenbad sowie das Krankenhaus Lindenbrunn mit Strom und Wärmer zu versorgen. Das Besondere: Es geschieht auf der Basis erneuerbarer Energien durch die erste Biogasanlage im Flecken Coppenbrügge. Die Anlage, betrieben mit Mais, der wiederum die Wildschweine auf den Plan ruft, entsteht sinnvollerweise in der Nähe der Kläranlage. Die müffelt ohnehin.

Klare Arbeitsteilung: Die Bauern erzeugen das Bio-Rohgas aus Coppenbrügger Mais und die Stadtwerke Weserbergland klinken sich beim Leitungstransport und allem ein, was mit Stromtechnik zu tun hat. Coppenbrügge wiederum lässt das Bäderzentrum entsprechend sanieren und bekommt dafür nicht nur Beifall sondern auch Unterstützung von Niedersachsens Umweltminister Sander. Für alle Beteiligten ist das ein vorzeigbares Modellprojekt. Das Sahnehäubchen ist das aus zwei Teilen bestehende Blockheizkraftwerk, das zunächst mit Holzschnitzel betrieben werden sollte und jetzt seine Energie von der noch zu bauenden Biogasanlage holt. Im Beisein von Gemeindebürgermeister Hans-Ulrich Peschka haben heute die beteiligten Landwirte und die  Vertreter der Stadtwerke Weserbergland im Rathaus die entsprechenden Verträge unterzeichnet und die Vereinbarungen der Presse präsentiert. Es gibt neben der Coppenbrügger Bürgerschaft noch weitere, nämlich indirekte Nutznießer. Aber die waren nicht eingeladen: Wildsäue, die absolut auf solchen Biogasanlagen-Mais abfahren.

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Erfahrungsgemäß haben die in allen Biogas-Maisfeldern Niedersachsens den Rüssel mit drin – die heimische Jägerschaft kann jetzt schon mal die Gewehre durchladen und profitiert dadurch indirekt mit Wildschweinsülze auch noch von der Biogasgewinnung. Im benachbarten Salzhemmendorf, wo das wilde Borstenviech schon länger an der Tafel der erneuerbaren Energien sitzt, glaubt man durch die gute Kooperation mit den Jägern das Wildschwein-Problem im Griff zu haben. Biogas-Energie aus Maisfeldern wird jedenfalls im Schweineland Niedersachsen als saustark empfunden. Nachfolgend der Sachstandsbericht der Stadtwerke Weserbergland. Mit vielen Fakten und guten Argumenten. Demzufolge gibt es nur Gewinner: Wenn regenerative Energien Strom und Wärme liefern, trägt dies entscheidend zur Senkung des CO₂-Ausstoßes bei.

Stadtwerke Weserbergland ein verlässlicher Partner

Sowohl für die Stadtwerke Weserbergland als auch den Flecken Coppenbrügge ist es zentrales Anliegen, den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben – für eine zukunftsfähige und kostengünstige Energieversorgung in der Region. Die Energiegewinnung durch Biogas hat in den vergangenen Jahren hohe Zuwachsraten verzeichnet. Derzeit werden in Deutschland über 4.670 Biogasanlagen mit einer installierten elektrischen Leistung von 1.724 MW betrieben. Das entspricht im Vergleich zum Jahr 2001, bezogen auf die installierte Leistung, rund dem 15-fachen.  Die Stromerzeugung aus Biogas lag 2009 bei etwa 10 Mrd. kWh, was etwa 1,6 % des gesamten Stromverbrauchs in Deutschland bzw. ca. 11 % der Strombereitstellung aus erneuerbaren Energien entspricht (Quelle: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) gemäß Deutschem Biomasse forschungszentrum (DBFZ; 2010) und Fachverband Biogas (2010)). In Coppenbrügge entsteht in diesem Jahr die erste Biogasanlage im Flecken.

Vier Landwirte aus dem Flecken – Olaf Maßmann, Heiko Falke, Cord Wiegand-Behmann und Ernst Wilhelm Dehmann – haben sich dafür zur Ith-Gas-GmbH & Co. KG zusammengeschlossen. Auf einer Grundstücksfläche von 2,5 ha werden sie eine Biogasanlage mit einer Leistung von ca. 250 m³ Rohbiogas in der Gemarkung Coppenbrügge, angrenzend an die dortige Kläranlage, errichten. Das Biogas wird auf Basis nachwachsender Rohstoffe – überwiegend Mais – erzeugt. Diese Rohstoffe werden von den Feldern direkt vor Ort geerntet, an der Anlage einsiliert (ca. 10.000 To pro Jahr bei ca. 650 Anfahrten in einem Zeitraum von ca. einer Woche im Herbst) und nach energetischer Nutzung wieder als Dünger auf die Felder gebracht (ca. 400 Abfahrten, verteilt auf Frühjahr und Herbst).

Weitere Abnehmer können Wärme beziehen

So wird ein aktiver Beitrag zur Schonung fossiler Brennstoffe und damit zum Klimaschutz geleistet, bei kurzen Anfahrtswegen und Absicherung landwirtschaftlicher Existenzen durch Einkommenskombination. Bis zu einem Viertel Ihrer Flächen werden die Landwirte hierfür in jährlicher Fruchtfolge mit Mais bestellen.  „Die Stadtwerke Weserbergland sowie der Flecken Coppenbrügge sind in diesem Projekt verlässliche Partner der Landwirte für die Biogasabnahme“, so Helmut Feldkötter, einer der Geschäftsführer der Stadtwerke, und erläutert das Wärmekonzept: „Ab Sommer 2012 wird eine 2,4 km lange Biogas-Leitung das erzeugte Gas zu zwei Blockheizkraftwerken (BHKW) am Schwimmbad in Coppenbrügge transportieren. Eines der BHKW’s wird von den Stadtwerken Weserbergland betrieben, das zweite vom Flecken Coppenbrügge. Das BHKW der Stadtwerke Weserbergland wird über eine Wärmezuleitung das Krankenhaus Lindenbrunn versorgen.“ Jährlich wird das BHKW der Stadtwerke ca. 4,5 Mio. KWh Strom ins Netz einspeisen und bei einer Erzeugungsleistung von ca. 4,7 Mio. kWh Wärme jährlich in etwa 2 Mio. kWh Wärme an das Krankenhaus Lindenbrunn liefern.

Es besteht also noch die Möglichkeit, weitere Abnehmer an die Wärmeversorgung anzuschließen. Und Hans-Ulrich Peschka, Bürgermeister des Flecken Coppenbrügge, ergänzt: „Die Sanierung der Schwimmbäder hat bereits im Außenbereich begonnen. Geplant ist, im Juni dieses Jahres das Freibad und im November/Dezember nach Fertigstellung der Sanierungsarbeiten die Bäder wieder zu öffnen. Nach Berechnungen des begleitenden Architekturbüros wird der jährliche Wärmebedarf des Bades nach Abschluss der Sanierungsarbeiten bei ca. 300.000 kWh liegen. Diesen Bedarf decken wir dann über die in unserem BHKW erzeugten Wärme.“ Das Hallenbad wird zu einem der energetisch innovativsten Bäder Deutschlands im Passivhausstandard. Beide Bäder erhalten im Rahmen der Sanierung neue Dacheindeckungen, die mit Photovoltaikanlagen ausgestattet werden.

Erstmals nach 50 Jahren Warmwasser im Außenbereich der Badeanlage

Durch die Wärmeversorgung mit Biogas wird es im Flecken nach nunmehr 50 Jahren erstmals warmes Wasser mit ca. 23 – 25 Grad im Außenbereich geben. Durch die Umgestaltung werden die Bäder zu einem weiteren wichtigen Baustein in der touristischen Ausrichtung gemeinsam mit dem Campingplatz. Die Stadtwerke Weserbergland haben neben dem Projekt im Bereich „Biomasse“ als gerade erst zwei Jahre altes Versorgungsunternehmen bereits drei neue Photovoltaikanlagen  auf den Dächern der Kindertagesstätte Thüste, der Sporthalle in Thüste und der Sporthalle in Coppenbrügge in Betrieb genommen. Zusammen werden die Anlagen jährlich 65.000 Kilowattstunden (kWh) Strom produzieren. Dies erspart der Umwelt im Vergleich zu einer konventionellen Stromerzeugung rund 45 Tonnen CO_{2 .}

Ein weiteres großes Biogas-Projekt startet ebenfalls noch 2011: Die Kooperative Gesamtschule Salzhemmendorf (KGS), deren Turnhalle und das Schwimmbad in Salzhemmendorf werden an das umweltschonende Wärmenetz der Biogasanlage angeschlossen. Die Stadtwerke Weserbergland helfen bei der technischen Umsetzung.