Ein kurzer Nachruf

Gunter Sachs hat sich umgebracht. Macht Geld allein doch nicht glücklich?

Von Ralph L o r e n z

Gunter Sachs ist tot. Selbstmord. Der Mann, der auf der Sonnenseite des Lebens geboren wurde, der Goldkettchen-Urenkel von Adam Opel, der lieber 911er Porsche fuhr, die unsterblich erschienene Jet-Set-Ikone, hat sich im Alter von 78 Jahren in einem dunklen Moment erschossen. Wenn jemand der Inbegriff praller Lebensfreude gewesen ist, stets das Glück im Arm und einige Jahre die vollbusige Schmollmund-Sex-Legende Brigitte Bardot an seiner Seite, dann eben jener Playboy des vergangenen Jahrhunderts. 

Der Sohn des Großindustriellen Willy Sachs (unter anderem Getriebehersteller Fichtel & Sachs) ist stets einen Gang schneller durchs Leben geeilt als der Normalbürger. Er schien der unanständig erfolgreiche Beleg für die beunruhigende Anti-These zu sein, dass Geld doch glücklich macht. Denn die Natur hat ihn auch noch reich mit Talenten beschenkt. Er war ein begnadeter Fotograf. Und als bekennender Playboy hat er natürlich Frauen hofiert und fotografiert wie kein anderer. Mit den Augen des ergrauten Genießers und Kavaliers. In seinen Adern perlte Champagner des besten Jahrgangs. Sein Leben, ein wohltemperierter Whirlpool. Und wenn es mal Sorgen gab, waren die so groß wie ein Bikini. Cho Chowanetz, mein berufszynischer Kollege seligen Angedenkens aus der auflagenstarken alten Zeit der Nachrichtenredaktion des Bielefelder Westfalen-Blattes, hatte sich spät nachmittags bei Erhalt der Todesnachricht des anderen, ebenfalls legendären deutschen Playboys, nämlich zur Todesmeldung von Curd Jürgens („60 Jahre und kein bisschen Weise…“) an die Schreibmaschinen gesetzt und entschlossen die Ärmel hochgekrempelt.

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Er hat damals ziemlich erpresserisch (wegen der Zeitnot) mit dem stellvertretenden Chefredakteur über das zügige Verfassen des Curd Jürgens-Nachrufes verhandelt und sich als „Produktionszuschuss“ drei Flaschen besten Schampus ausbedungen, Beluga-Kaviar und diverse Canapés dazu.  (Eine Volontärin musste umgehend ins nächste Feinkostgeschäft spurten.) Und hat dann, ein trauerumrandetes Agenturbild des Verblichenen vor Augen, kunstvoll den Nachruf getextet. Jeder Satz ein köstliches Canapé, aus dem prallen Leben eines Lebemannes, der durchaus vergleichbar war mit dem nun zu betrauernden Gunter Sachs. Gunter Sachs und Curd Jürgens sind sich immer wieder über den Weg gelaufen. Gern auch in dem südfranzösischen Fischerdorf Saint Tropez, das Sachs nahezu im Alleingang zur Hauptstadt der internationalen Schickeria gemacht hatte! Je mehr Schmapus Cho reingekippt hat, die Gitanes  lässig im Mundwinkel, um so flüssiger ging ihm der Nachruf auf den gealterten Playboy und Ausnahmeschauspieler von der Hand. Nebenbei sichtete er die angegilbten Bilder, die aus dem Archiv hochkamen, wischte die Asche der Gitanes vom Tisch, erhob sich abrupt, hielt in die Stille des Nachrichten-Großraumes standepede einen Toast auf Curd Jürgens und hackte, in sich zusammengesunken, weiter in seine Reiseschreibmaschine. Vieles kam aus dem Gedächtnis, wenig aus dem Archiv. Das Produkt eines champagnergeschwängerten Schaffens-Rausches. Der Redaktionsbote riss Cho die Manuskriptseiten aus der Maschine und eilte damit zur gierig saugenden Röhren-Luftpost in der Tickerzentrale.

"Cho" und die Kunst, eines Lebemannes angemessen zu gedenken

Es wurde eine heute noch lesenswerte, süffig geschriebene Sonderseite daraus. Ich hoffe sehnlichst, dass die Kollegen, die heute Nachmittag am staubtrockenen „Desk“ im „Newsroom“ sitzen, im Westfalen-Blatt ebenso wie in der Welt, Süddeutschen Zeitung oder Berliner Morgenpost nicht weniger emphatisch dieses von der Sonne verwöhnten Lebemannes Gunter Sachs gedenken. Mit ner Pulle unterm Tisch. Wahrscheinlich wird  Bild-Kolumnist Wagner ("Post von Wagner") dieser Vorstellung von einem prallen, lebensnahen Nachrufschreiber noch am ehesten gerecht werden. Wagner ist ein begnadeter Feinmechaniker des Wortes. Gerade die Vita von Gunter Sachs ist nicht mit einer Aufzählung biographischer Daten und Auszeichnungen (als Künstler und Fotograf) zu würdigen sondern als unbekümmert tiefer Zug aus der vollen Pulle des Lebens. Es durfte immer etwas mehr sein!

Sachs hat so gesehen wenig geleistet. Er hat „nur“ gelebt. Und das ist auch eine Kunst. Denn die meisten Reichen können mit ihrem Reichtum gar nichts anfangen. Sind arme Würstchen, vom Glück überbezahlt. Nur wenige waren so mit Geld, Gesundheit, Geist und Girls gesegnet wie der „Fritz“ (sein erster Vorname)  Gunter Sachs. Neidvoll musste man zu ihm hinaufschauen. Er hatte Stil, war mehr als ein Macho. Formvollendet zeigte er sich zuletzt mit edlem Blazer, geziert durch ein feines Einstecktuch. Jetzt gucken die Neider demnächst runter auf sein Grab.

Der Selbstmörder Gunter Sachs wollte sich sein reiches Leben nicht nehmen lassen

Selbst das nicht enden wollende Glück ist vergänglich. Hatte Gunter Sachs ein Leben lang vor dieser Vergänglichkeit Angst gehabt? Dann hat er's verdammt gut getarnt. Wenn es stimmt, was an diesem Sonntag in einem Abschiedsbrief angedeutet worden ist, wäre die lebenslang währende Party ohnehin in einer Tragödie geendet. Es wird berichtet, Gunter Sachs habe sich vor den Vorboten der Alzheimer-Krankheit fürchten müssen. Dem Fluch des Vergessens. Ihm wäre die Erinnerung geraubt worden. Die Ernte eines erinngerungsreichen Lebens. Dieses pralle Leben wollte der Selbstmörder Gunter Sachs sich nicht nehmen lassen.

 
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