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Der Kommentar

Bye bye, Obama

Von Reinhard Brockmann

Europas einzige Hoffnung auf Amerika ist eine lahme Ente. Das US-Wort für einen scheidenden Präsidenten klingt unschön, trifft aber den Kern.

Nur vordergründig geht es an diesem Freitag in Berlin um Donald Trump. Tatsächlich aber kann Noch-Präsident Barack Obama den Europäern mit nichts mehr hilfreich sein. Der Demokrat im Weißen Haus gibt in gut zehn Wochen mitsamt den 4000 wichtigsten Mitarbeitern alle Zügel aus der Hand. Er kann nicht einmal die Fortführung seiner langen politischen Linien durch Senat oder Repräsentantenhaus versprechen.

Zum Autor: Reinhard Brockmann ist politischer Korrespondent für mehrere Tageszeitungen in Deutschland und schreibt auch für die Weserbergland-Nachrichten.de (Foto: privat)

 

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Was also ist herausgekommen beim kollektiven Wundenlecken und dem gemeinsamen Entrüsten über den unberechenbaren Populisten Trump? Vor allem eine Erkenntnis:  wie uneins und schwach Kerneuropa dasteht, wenn der wichtigste Verbündete plötzlich Frage- statt Ausrufezeichen sendet. Francois Hollande gilt auch als eine Art „lame duck“, deren Abwahl sicher ist. Großbritanniens Brexit-Premier Theresa May ist selbst ein Kind des rüden Egoismus. Mariano Rajoy regiert ohne echte Mehrheit in Madrid und Italiens angeschlagener Matteo Renzi sitzt, wie der Spanier, in der europäischen Schuldenfalle. Nur Angela Merkel scheint noch immer etwas feiner heraus zu sein. Aber es reicht nicht, „best oft he rest“ unter den altgedienten europäischen Führern zu sein. Populisten und Wüteriche machen   auch in Deutschland dem lange gewahrten Einvernehmen zu schaffen.

Sind die Länder der EU nach Schuldenkrise, lähmendem Flüchtlingszwist sowie dem Ende von Solidarität und europäischem Gemeinschaftsgeist bald ebenso waidwund wie die USA? Schließlich vermochte Trumps Kampagne gegen Hillary Clinton insbesondere die bisherige amerikanische Außenpolitik politisch sturmreif zu schießen. Die Antwort bleibt offen. Die Abschiedsrunde mit Obama in Berlin endete mit wenig brauchbaren Ergebnissen. Das Bekenntnis zur Aufrechterhaltung von Wirtschaftssanktionen gegen Russland ist selbstverständlich. Aber schon im zweiten Satz wird deutlich, dass das wesentlich vom deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier ausgehandelte Minsker-Abkommen bald gar keinen Fürsprecher mehr haben wird. Der große Klima-Erfolg der G7 beim Gipfel 2015 in Elmau spielte auch keine Rolle mehr. Gleiches gilt für den Iran-Deal. Der ist allein eine Sache des Verhältnisses von Washington und Teheran ist.

Was also bleibt, ist Wehmut. Europa verliert einen Freund, Deutschland ganz besonders. Obamas Versprechen, demnächst einmal privat vorbei zu schauen, ist nett gemeint - aber auch ein wenig niedlich, wenn man an die echten Probleme denkt. Obama flogen hierzulande seit seiner Rede 2008 in Berlin die Herzen zu. Ein halbes Dutzend mal war er als Amtsinhaber in Deutschland, mehr als jeder andere US-Präsident. Trotz der Abhöraffäre „unter Freunden“, TTIP und seinem Scheitern in Sachen Guantanamo, blieb die Beliebtheit des ersten farbigen US-Präsidenten in Deutschland dauerhaft hoch. Und jetzt zieht einer ins Weiße Haus, von dem nicht einmal der Vorgänger weiß, was der Neue wirklich will. Das irritiert und macht uns den Abschied doppelt schwer.

Das Ende einer wunderbaren Freundschaft schmerzt nicht nur die Etablierten in Berlin. Fast alle Deutschen werden ihn vermissen. Bye bye, Obama.

 

 

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