Der Kommentar
Es geht zur Neige. Der Vertrauens-Kreditnehmer Wulff hat nicht mit der medialen Politik-Schufa gerechnet


Von Ralph Lorenz

Die Causa Wulff belegt, es gibt noch eine Steigerung. In einer bunten Mischung von medialem Kesseltreiben und berechtigter Empörung über die mit der Wahrheit vor sich hintröpfelnde Erinnerungs-Pipette Wulff und dessen Umgang mit Vertrauens-Krediten, Privat-Krediten, Bank-Krediten und schwindenden Sympathie-Guthaben bei den Medien beginnt das neue Jahr für den Inhaber des höchsten Staatsamtes schlimmer als es ohnehin schon unweihnachtlich aufgehört hatte.

Zwei Medienkommentare belegen heute, wie weit es inzwischen gekommen ist: Die Süddeutsche Zeitung belehrt den Mann, der aus Hannover auszog, um den Deutschen was zu lehren:  "Jeder Lokaljournalist weiß, dass Abgeordnete oder Bürgermeister gerne anrufen oder anrufen lassen, um unliebsame Berichterstattung zu verhindern. Doch die Mischung aus Naivität und Dreistigkeit, mit der Wulff agiert hat, bestürzt. Er ist nicht der Landrat von Osnabrück und auch nicht mehr Ministerpräsident von Niedersachsen, sondern das Oberhaupt des Staates. Die Sicherungen, die bei einem Präsidenten im Falle einer - politischen wie privaten - Krise funktionieren sollten, funktionieren bei ihm nicht."  Dabei fliegen Wulff, der nun auch bei den Schwiegermüttern verschissen haben dürfte, jetzt auch noch die Lippenbekenntnisse  zur Pressefreiheit aus der Weihnachtsansprache um die Ohren. Das Schlimmste, was einem Bundespräsidenten und Repräsentanten aller Deutschen widerfahren kann und so noch nie geschah, ist aber das Mitleid.
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Es ist nicht der Leitartikler des Satireblattes „Titanic“, sondern  Oliver Stock, Chefredakteur Online des angesehenen Handelsblattes, der nachfolgende denkwürdige Zeilen schreibt und damit die gefühlte Skala des medialen Nachbebens des Wulff-Kreditdebakels mit ätzender Ironie nach oben hin abgrenzt:  „…Halten Sie durch, Herr Präsident! Schlagen Sie diesen Jägern einen Haken! Wir brauchen keinen Bundespräsidenten, den die Bild-Zeitung aus dem Amt jagt. Was wir allerdings brauchen, ist ein Bundespräsident, der sich der Wahrheit verpflichtet fühlt. Einen, der weiß, dass die halbe Wahrheit eine ganze Lüge ist und einen, der nicht scheibchenweise immer das zugibt, was in der Öffentlichkeit sowieso schon Allgemeingut geworden ist. Bisher sieht es noch so aus, als haben Sie, Herr Wulff, genau das zu Ihrem Prinzip erklärt. In der Affäre um den Privatkredit wird sich dieser Eindruck auch nicht mehr beseitigen lassen. Meine Hoffnung ist aber: Sie lernen daraus, Herr Präsident.“

Die Dame, die ihn von der Leine gelassen hat, schweigt an der Spree

Und die Dame, die ihn von der Leine gelassen hat, die schweigt an der leise vor sich hin murmelnden Spree. Doch was ist das eigentliche Problem von Christian Wulff? Es ist nicht der Kredit, den er jetzt in unglaubhaft gewordenen Verlautbarungen ab-stottert. Es ist die Tatsache, dass er Bundespräsident geworden ist. Und da hat plötzlich eine Art Politik-Schufa ein Wörtchen mitzureden, aufgrund deren Bewertung er jetzt seine politische Bonität verliert.

Das einzige, was der Bundespräsident von Amtes wegen hat, das ist das Wort. Und ausgerechnet das Wort des Bundespräsidenten zählt plötzlich nicht mehr, wie die Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten gezeigt hat.  Wulff hat das Kapital, das all seine Vorgänger – von Heuss über Heinemann, Rau, Weizsäcker und Herzog – eindrucksvoll in staatstragenden Reden angesammelt haben, regelrecht verschusselt.  Hätte sich Wulff nicht in vergleichsweise jungen Jahren zum höchsten Amt im Staate berufen gefühlt, wäre er schützend untergegangen im Heer der Politiker, die in ihrem Amt diverse Privilegien genießen und diese phantasievoll  (und gewiss nicht zu ihrem Nachteil) zu erweitern wissen.

Es kann doch kein Zufall sein, dass viele Amtsträger ganz weich fallen...


Es kann doch kein Zufall sein, dass all die Ministerpräsidenten, Minister und Staatssekretäre am Ende ihrer politischen Karriere im Schoße großer Konzerne landen. Unternehmen, denen sie vorher sogar von Amtes wegen mit kritischer Distanz zu begegnen hatten. Sie finden sich quer durch alle Parteien (ausdrücklich auch bei den Grünen!) und Organisationen, auf fast allen Ebenen. Hier locken die Vergünstigungen in Form süßer Früchte, an die nur die mit den lange Hälsen und dem großen Kragen kommen und womit sich die Mehrzahl der Bürger klaglos abgefunden hat. Insofern zeigt auch unsere Gesellschaft eine doppelte Moral.

Erinnern wir uns an das Lena-Halbjahr 2010. Die Republik sehnte sich im konjunkturellen Tal der Tränen geradezu nach Leitfiguren, die stets die große Welle reiten und über die Problemlagen scheinbar ohne Schrammen hinwegsurfen. Das niedersächsische Fräuleinwunder Lena machte Hannover und seine Satelitten ohnehin zum Hit. Da war es nur logisch, dass auch der Bundespräsident aus Hannover kam.

Im Land der Glamour-Politiker wäre die nächste Regierung nicht gewählt, sondern gecastet worden


Das "Bunte"-Paar Wulff, in Aerzen im Weserbergland auf Münchhausen-Schloss Schwöbber zwischen Spa und Rosen auf Wolke Sieben des higher Lower Saxony in handverlesener Runde diskret geehelicht, gehörte zum Glamour-People der Politik, ebenso wie die Guttenbergs in ihren schicken Afghanistan-Outdoor-Klamotten. Politiker mussten jetzt nicht nur blenden können, sondern auch noch blendend aussehen – es war schon abzusehen, dass die nächste Regierung nicht mehr gewählt, sondern von Raab „gecastet“ würde. Insofern hatte die Republik auf der Höhe dieses Glamour-Hypes genau das Präsidentenpaar bekommen, das der veröffentlichten Gefühlslage in diesen schrillen Tagen entsprach.

Von Raabs Eurovisions-Kracher Lena (derzeit letzter Lena-Schrei: "What a man") hört man indess schon lange nichts mehr, Maschmeyer ist vom Maschsee in der Abenddämmerung an den Starnberger See geritten, den bayerischen Millionärs-Tümpel  für die Schickimicki-Ablagerung von gestern.  Für einen Bundespräsidenten namens Gauck war die Republik damals noch nicht reif genug. Oder anders gesagt: Sie hätte ihn in dieser leichtfertigen Stimmungslage nicht verdient gehabt.

Die Republik wäre nicht reif gewesen für Gauck - und überhaupt: Kennt jemand die Frau an seiner Seite?


Keine Partei hätte ihn wirklich für sich vereinnahmen können, was ihn sogar unkalkulierbar gemacht hätte. Vor allem für die Bundespräsidenten-Macherin Merkel. Der Mann ist nämlich bekennender Wechselwähler, wie er bei einem Auftritt in Bodenwerder unglaublich ehrlich bekannt hat. Auch die SPD wäre mit ihm nicht wirklich froh geworden.

Er ist in jeder Beziehung der Gegenentwurf zu dem Party-Partei-Bundespräsidentenpaar Wulff.  Auch, was das nicht zur Schau gestellte Privatleben betrifft. Oder kennt jemand die Frau an Gaucks Seite?

Gauck wäre der unabhängige staatsmännische Präsident gewesen, der Wulff niemals sein konnte. Ohne Burda-kompatible Yellow Press-Beauty  als Sidecar. Nur mit dem Bürger im Bunde. Schlimmstenfalls ein Prediger, der der Politik väterlich die Beichte abnimmt. Aber den wollte ja die Pastorentochter nicht.
 
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