Ein sehr persönlicher Beitrag zu einem Tabuthema

Mach‘ es wie Münchhausen – Wenn sich die Spirale der Depression abzeichnet

Der Autor dieses Beitrages gehört zu den stillen Helden des Alltags. Zu den Menschen, die nicht sonderlich auffallen oder von sich reden machen. Doch gerade deshalb sind sie als Problemlöser besonders wertvoll. Frank Potthast ist der Redaktion gut bekannt. Als Technik-Experte zum Thema Drohnensicherheit, als engagierter Mitarbeiter in Rettungsdiensten. Als Kümmerer mit Empathie. Hier spricht er ausnahmsweise über sich selbst und seinen Kampf gegen die Spirale der Depression. Wir veröffentlichen deshalb sein nachfolgendes Bekenntnis und wünschen ihm weiterhin alles Gute. Vor allem auch seiner Frau, seinen Kindern und seinen Haustieren, die zu ihm halten. Und durch Dick und Dünn gehen. Unsere Leser und Leserinnen bitten wir diesen Beitrag zu teilen wenn Sie Menschen kennen, denen es ähnlich geht wie unserem Autoren. Und ihnen Mut machen wollen.

Von Frank P o t t h a s t

Das Thema Depression wird seit dem tragischen Tod von Robert Enke vor 10 Jahren immer wieder in den Medien thematisiert. Aber wussten Sie, dass bis zu 20 Prozent aller Menschen im Laufe ihres Lebens an Depression erkranken?

(Zum Bild: Wenn alles Novembergrau wird, wenn sich der Blick verstellt und die Worte und damit die Gedanken im Nebel verloren gehen... Der Autor Frank Potthast hat es erlebt. Er berichtet wie er ganz persönlich den Ausstieg aus der Spirale der Depression gefunden hat. Foto: PublicDomainPictures / Pixabay)

Dabei unterscheidet man den Zustand einer leichten, mittleren oder schweren Depression. Die Empfehlung der Krankenkassen und Ärztekammern zur Behandlung einer Depression ist eine psychologische Therapie. Doch aus eigenen Erfahrungen weiß ich, dass man aktuell für einen Therapieplatz zwischen einem und zwei Jahren warten  muss. Warum? Bereits 2017 waren psychische Erkrankungen mit 16,7 Prozent auf Platz 2 der häufigsten Erkrankungen. Nur wie kann man selbst oder das soziale Umfeld erkennen, ob Anzeichen einer Depression auftreten?

Schon 2008 war ich selbst am Anfang einer Depression, als ich nach mehreren Bandscheibenoperationen unter stärksten Schmerzen litt. Kein Schmerzmedikament half mir, weder die stärksten Analgetika noch Opiate oder Opioide. In dieser Phase hatte ich kaum Lust etwas zu unternehmen und brach viele soziale Verbindungen ab.

Ich konnte nicht mehr richtig schlafen und war auf Grund der Schmerzen oft niedergeschlagen. Der Beginn einer Depression.

Mehr aus Verzweiflung als aus Hoffnung auf eine mögliche Reduzierung der Schmerzen, sagte ich einem gewagten Eingriff zu und ließ mir Elektroden in den Spinalkanal implantieren. Das unerwartet positive Ergebnis sorgte bei mir für einen gewaltigen Motivationsschub, was dazu führte, dass ich die Spirale der Depression durchbrechen konnte. Die folgenden Jahre als chronischer Schmerzpatient waren geprägt durch Up- und Down-Phasen, aber es gab keine Anzeichen für eine Depression.

Im März diesen Jahres hatte ich, nach einer Halswirbelsäulenoperation, ein erneutes einschneidendes Erlebnis. Für sechsunddreißig Stunden war ich ab dem Hals abwärts vollkommen paralysiert, ohne dass sich die Ärzte diesen Zustand erklären konnten. Nach und nach erlangte ich im Laufe der nächsten neun Wochen das Gefühl in Armen und Beinen wieder, aber es blieben Spastiken in allen Gliedmaßen und teilweise inneren Organen.

Spastiken sind Verkrampfungen der Muskulatur, die immer auf eine Schädigung des Rückenmarks zurückzuführen sind. In den ersten Wochen war eine selbstständige Versorgung nicht möglich. Hinzukamen die Gedanken darüber, ob sich dieser Zustand bessern würde oder nicht, sowie die berufliche Situation, da immer häufiger das Wort „Erwerbsminderungsrente“ fiel.

Vielen hätte dieses sicherlich den Boden unter den Füßen weggezogen, der erneute Beginn einer möglichen Depression. Wie komme ich zu dieser Annahme? Ich habe dieses Jahr mehrere Wochen im Krankenhaus oder der REHA-Klinik verbracht. Dort habe ich bei Gesprächen mit Mitpatienten herausgehört, dass sich einige Personen bereits in einzelne Phasen einer unbehandelten Depression befanden. Wie ich zu dieser Aussage komme? Im Laufe der Jahre habe ich viele Fragen von Ärzten gestellt bekommen, unteranderem auch Fragen zur Psyche. Zwei Fragen können bereits Indiz für eine beginnende Depression aufzeigen:

Fühlten Sie sich im letzten Monat häufig niedergeschlagen, traurig, bedrückt oder hoffnungslos?

Hatten Sie im letzten Monat deutlich weniger Lust und Freude an Dingen, die Sie sonst gerne tun?

Wenn Sie diese Fragen mit „ja“ beantworten, ist es ratsam zum Arzt zu gehen.

Die typischen Symptome einer Depression sind die gedrückte Stimmung der Person, das lange Grübeln und ein verminderter Antrieb etwas anzufangen. Häufig gehen das Selbstwertgefühl, die Leistungsfähigkeit, die Empathie oder jegliches Interesse am Leben verloren. Auch auftretende körperliche Beschwerden können Ausdruck einer beginnenden Depression sein. So zum Beispiel Magen-Darm-Probleme, plötzliche Schmerzen, Schwindelgefühl oder Luftnot.

Je nachdem wie viele Anzeichen auftreten, unterscheidet man drei Schweregrade von Depression: leicht, mittelschwer und schwer. Dass Depression aber eine psychische Störung ist und nicht, wie zum Beispiel ein Beinbruch, deutlich sehen ist, vergessen Viele.

Mein Abdriften in eine mögliche Depression wäre schleichend und sicherlich von mir persönlich unbemerkt geblieben, wenn ich nicht aus den zwei Jahrzehnten mit gesundheitlichen Rückschlägen bereits gelernt hätte.

Nur durch die Unterstützung meiner Familie, meines besten Freundes und meines Hausarztes, sowie der neugewonnenen Energie, habe ich mich mental festigen können. Beruflich ging es wieder bergauf und die verbliebenen Schmerzen blieben zwar da, rückten aber immer weiter in den Hintergrund.

In den vergangenen zehn Jahren lernte ich durch das Akzeptieren meiner körperlichen Einschränkungen wie ich meinen Weg im Alltag und dem beruflichen Leben meistern kann. Durch diese Technik und die daraus resultierenden Erfolge im privaten und beruflichen Leben gewann ich einen immer größeren Abstand zum Abgrund „Depression“. Um nach einer medizinischen Diagnose im Dezember 2018, welche mich ein kleines Stück dem besagten Abgrund wieder näherbrachte, nicht weiter abzugleiten, fasste ich einen Plan. Ich begann damit meinen bisher nur gedanklich gefassten Traum zu verwirklichen. Ich begann Bücher zu schreiben. Das nächste belastende Ereignis ereilt mich nach der Operation im März dieses Jahres, als ich meine Hände kaum noch gebrauchen konnte und mich immer wieder Krämpfe zur Untätigkeit verurteilten. Trotz der Einschränkung durch meine Hände und Beine, begann ich ein neues Projekt. Ich startete damit einen Fantasy-Roman zu schreiben und dadurch kann ich mich zweitweise meinem Krankheits-Alltag bewusst entziehen. Diese Reise in eine andere Welt wirkt sich positiv auf meinen Gemütszustand und meine Genesung aus.

Was ich mit meinem Beitrag zum Ausdruck bringen möchte ist, dass man sich nicht in die gefährliche Spirale einer beginnenden Depression begeben sollte.

Ich persönlich finde, dass es wichtig ist, sich seiner Familie oder einer Vertrauensperson zu öffnen oder darauf einzugehen, wenn diese einen auf mögliche Anzeichen ansprechen. Auch ist es von Vorteil sich auf ein Vorhaben zu konzentriert.

Ein Ziel oder Vorhaben, das man, trotz möglicher Einschränkungen noch erreichen kann oder möchte. Aus eigenen Erfahrungen weiß ich, dass es schwierig ist sich nicht fallen zu lassen oder sich durch mögliche Rückschläge demotivieren zu lassen, aber der Weg ist das Ziel.

Sicherlich ist mein Weg nicht für jeden der geeignete Weg, aber es ist ein möglicher Weg, um sich nicht aus seinem sozialen und beruflichen Umfeld vollends zurückzuziehen.

Depression hat viele Gesichter und sollte nicht mit einem Schulterzucken abgetan werden. In gewissen Momenten, so ist meine persönliche Meinung, gibt es nur zwei Wege: entweder packst du dich (oder lässt dich packen) wie Münchhausen bei den Haaren und ziehst dich aus dem Sumpf der Depression heraus - oder du gehst darin unter.

 

 
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