Wie eine Ein-Mann-Bürgerinitiative zum Ärgernis wird

Viele Dörper hupen wegen des Anhängers. Und der Anhänger steht da, weil gehupt wird.

Von Ralph Lorenz

Dörpe (wbn). Im vom Durchgangsverkehr gestressten Bergdorf Lauenstein wäre er möglicherweise ein Held. Doch in Dörpe erscheint er in erster Linie als Ärgernis: Eckhard Luchterhand, der Rübenfahrer-Schreck, die Ein-Mann-Bürgerinitiative gegen den Schwerlastverkehr.

Seit vergangenen September will er nicht länger hinnehmen, dass die Kaffeetassen im Schrank vibrieren, wenn schon morgens die schweren Lastwagen durch das beschauliche Künstlerdörfchen Dörpe fahren. Nachdem dann eines nachts zwischen 22.30 Uhr und 2.30 Uhr 53 Rüben-Lkw durchgerauscht waren, hatte er in der Zuckerrübenfabrik angerufen und sein Leid geklagt. Da fand er einen verständnisvollen Gesprächspartner -  und es war dann plötzlich für kurze Zeit Ruhe. Doch dann ging’s wieder los. Seitdem griff Luchterhand zu einem Akt der Selbsthilfe, der fast zeitgleich in Lauenstein von einem Leidensgenossen in vergleichbarer Situation angewendet wurde und zumindest dort auch als probates Mittel akzeptiert wurde. Er stellte seinen Pkw-Anhänger zur "Verkehrsberuhigung" vor dem Wohnhaus ab. Angeblich, weil es nicht anders geht und auf dem eigenen Grundstück kein Platz mehr ist.

Fortsetzung von Seite 1

Luchterhand ist nicht auf den Mund gefallen, was manchmal auch ein Teil seiner Probleme ist. Der Hänger erwies und erweist sich jedoch als wirksame Verkehrsbremse.

Längst ist die Rübenkampagne beendet, sind Spätherbst, Winter und Frühling ins Land gezogen. Und der Hänger, Marke Eigenbau wohlgemerkt, steht immer noch da. Er wäre möglicherweise schon längst weg. Aber weil gewisse Pkw-Fahrer regelmässig hupen und Luchterhand die Uhr danach stellen kann, steht der Anhänger weiterhin vor dem Haus.

Luchterhand: Für jedes Hupen gibt's eine Woche

„Für jedes Hupen gibt’s eine Woche“, nennt Luchterhand den Weserbergland-Nachrichten.de seine erzieherische Spielregel. So, wie sich die Sache jetzt anhört, dürfte der Ärger ein Dauerbrenner werden. Denn viele Dörper hupen weil der Hänger dasteht. Und weil sie hupen, steht das Ding weiterhin dort und bremst alle aus. Viele nehmen es gelassen hin und kurven drumherum. Einige Bürger riefen schon im Coppenbrügger Ordnungsamt und bei der Polizei an.

Doch Luchterhand ist nicht auf den Kopf gefallen. Er kennt seine Rechte, weiß was er darf und was er nicht darf. Er bewegt den Wagen in gewissen Abständen und stellt ihn vorschriftsmäßig gesichert ab. Das ist klug und für die anderen dumm. Zuweilen macht es ihm auch Spaß Beamte zu belehren, die aus seiner Sicht neunmalklug daherreden. Und manchmal geht er wohl auch ganz einfach Beamten auf dem Wecker, die nachts dann im Schein der Taschenlampe mit klammen Fingern - "mit Durchschlag bitte" - irgendwelche Sachverhalte auf der Motorhaube aufschreiben müssen, die im Bagatellbereich angesiedelt sind.

In Lauenstein hatte ein Anwohner dasselbe getan, ebenfalls mit einem Anhänger. Da gab es dann Beifall statt Ärger, weil einer nicht nur über die Verkehrsbelastung meckert, sondern auch was tut. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass sich die Dörper nicht so vom Durchgangsverkehr genervt fühlen, wie die Lauensteiner. Die Weserbergland-Nachrichten.de sprachen mit einem Polizisten, der die Region gut kennt, und der ist der Meinung, dass der Durchgangsverkehr in Dörpe nicht so belastend sei wie der in Lauenstein. Auch der Umgehungsverkehr der Autobahnmaut sei nicht der Rede wert.

Nachbarn von Luchterhand fühlen sich allerdings jetzt nicht nur vom Verkehrslärm belästigt, sondern auch von der Huperei der Luchterhand-Gegner. Im Dörfchen, so scheint es, ist inzwischen ein Nervenkrieg entflammt. Dabei mag sich Luchterhand durchaus ein Grinsen nicht verkneifen, wenn er zum Beispiel das dünn hupende Moped hört. Er liebt es geradezu, weil es so erbärmlich trötet und der Mopedfahrer sich auf der Hupe im Dauerton den Knöchel weiß presst.

Der Spaß hörte irgendwann auf

Der Spaß hörte allerdings irgendwie und eines Tages auf: Es war der 5. Dezember, da wurden die Reifen am Hänger zerstochen. Es wurden die Unterlegkeile von Unbekannten entfernt und ganz offensichtlich sollte der Hänger verkehrsgefährdend in den Straßenraum rollen und zu nächtlicher Stunde als Straßenfalle einen schweren Unfall verursachen. Infam und heimtückisch, keine Frage. Luchterhand sah den Schaden am frühen Morgen und erstattete umgehend Anzeige gegen Unbekannt. Das Verfahren wurde eingestellt. Am 28. März eskalierte die Situation dann weiter. Als die örtliche Feuerwehr zu einem Fußballspiel gefahren sei, hörte laut Luchterhand morgens gegen 9 Uhr das übliche Hupen auf und setzte erst ein, als ein Linienbus mit den Feuerwehrmannen am Nachmittag vom Fußball wieder zurückgekommen sei und selbst demonstrativ gehupt habe.

Luchterhand glaubt: „Da steckt der größte Teil der Feuerwehr dahinter“. Da viele Dörper aber eine Doppel- und Dreifachmitgliedschaft in den örtlichen Vereinen haben, ist es freilich ein Kunst, wissen zu können, ob jetzt einer als Feuerwehrkamerad, als Sangesbruder oder Musiker  am allgemeinen Hup-Mobbing beteiligt ist.  Doch Luchterhand, selbst ein THW-Mann, hat sich offenbar auf die Feuerwehrkameraden fokussiert. Jener 28. März sollte noch zusätzlich in Erinnerung bleiben.

Kurz nach Mitternacht klingelten die Nachbarn. Sie hätten bei einer nächtlichen Zigarette am Fenster einen erwischt, der am Hänger gestanden habe und – so wurde gemutmaßt – an der Handbremse hantieren wollte. Ein anderer hatte sich offenbar schnell aus dem Staub gemacht. Dummerweise war der, der noch artig mit gewartet hatte, bis die eiligst herbei gerufene Polizei eintraf, von der Sorte, die Luchterhand nicht unbedingt zu den Scharfmachern rechnet. Deshalb, so der Eindruck der Weserbergland-Nachrichten.de, hat es Luchterhand fast selbst schon wieder leid getan, dass gerade dieser Dörper in Verdacht geraten war.

Dann kam der 6. April. Da wurde gegen 10 Uhr festgestellt, dass Unbekannte das zwei Millimeter starke Stahlblech der Anhänger-Reflektoren unter viel Kraftaufwand und mit brachialer Gewalt umgebogen hatten. Vorne und hinten. Auch hier sollte wohl eine Situation herbeigeführt werden, in der ein Fahrzeug im Durchgangsverkehr gegen den Anhänger prallt. Für Luchterhand sind dies kriminelle Eingriffe in den Straßenverkehr.

Der Frieden in dem kleinen Örtchen scheint aus den Fugen geraten zu sein

Irgendwie scheint der Frieden in dem kleinen Örtchen aus den Fugen geraten zu sein. Angeblich sollen sich jetzt schon mehrere Dörper Bürger zusammengetan haben, um zu beraten, wie sie dem Spuk ein Ende bereiten. Sie wollen offenbar nicht gegen die Unbekannten vorgehen, die Reifen zerstechen, an der Bremse manipulieren, die Sicherheitsreflektoren mutwillig beschädigen und vorsätzliche Ruhestörung begehen – nein, sie wollen angeblich was gegen Luchterhand unternehmen. Weil der sichtbar ein Kameraobjektiv zur Sicherung auf den gefährdeten Anhänger gerichtet hat. Davon sehen die unbekannten Bürger ihre Bürgerrechte beeinträchtigt und haben sogar schon den Datenschutzbeauftragten des Landes angeschrieben. Der hat auch bereits schriftliche Fragen an Luchterhand gerichtet.

Luchterhand freut sich wiederum diebisch, dem obersten Datenschützer des Landes gesetzeskonforme Antworten geben zu dürfen. Er weiß nämlich was er tut. Und manche Dörper wissen offenbar nicht mehr, was sie sonst noch tun sollen.

Das Gespenstische: Bis heute habe ihn keiner seiner Kritiker offen angesprochen und mit ihm ein sachliches Gespräch gesucht. Sagt er jedenfalls. Luchterhand wird demnächst die Staatsanwaltschaft in Hannover aufsuchen und eine Liste übergeben. Darauf stehen akribisch Kfz-Nummer, Uhrzeit und Stichworte zur fahrenden Person. Es sind allesamt Personen, die nicht anlassbezogen und offensichtlich in provozierender Absicht hupen. Die Liste ist lang, sehr lang. Die ganze gesellschaftliche Spannweite. Luchterhand: „Manche hupen 150 Meter im Dauerton“. Er hat dafür stets auch Zeugen. Die Vorstellung, dass er dies unzulässigerweise mit einer in den öffentlichen Straßenraum gerichteten Kamera dokumentiere, hinterlässt bei ihm nur ein leises Grinsen. Doch dies scheint die feste Überzeugung derer zu sein, die auf einem Pappschild vor der ominösen Kamera warnen.

"Hätten die wenigstens 'nen Arsch in der Hose..."

„Hätten die wenigstens nen Arsch in der Hose, hätten die schon längst mal ein offenes Gespräch gesucht“, entfährt es Luchterhand. Offenbar geht auch an ihm der Nervenkrieg nicht spurlos vorüber. Überhaupt versteht er die Welt nicht mehr. Sein Einsatz sei doch auch für die Mitbürger, wenn er gegen die „Lkw-Fahrer, die wie die Geisteskranken durch Dörpe brettern“ vorgeht. Doch die Dörper wollen offenbar von Luchterhand nicht erlöst werden. Und schon garnicht auf diese Weise.

Auch deshalb ist er eine „Ein-Mann-Bürgerinitiative“ geblieben. Dabei hat er nicht mal was gegen das Schnellfahren. „Ich war mal hessischer Rallyemeister“, überrascht Luchterhand. „Mit einem VW-Porsche.“ Das war in den 70ern. Als Luchterhand vor paar Jahren nach Dörpe zog, weil er ein Haus in Coppenbrügge gegen die alte Schneiderei in Dörpe getauscht bekam ("Das hat mich keinen Cent gekostet") war anfangs alles so harmonisch. Als seine Partnerin was wirklich Schweres von dem Anhänger heben wollte, eilte ein Dörper herbei mit den Worten: "Ich kann keine Frau so schwere Sachen tragen sehen."

Der Mann war der Vater des Sohnes, der nachts am Anhänger erwischt worden war...  

 
female orgasm https://pornlux.com analed