Der Ort der Wittmusprozession zelebriert jetzt seine Freitagsdemos

Warum die Marienauer wütend auf die Straße gehen und mit dem Gedanken an ein schönes Fest wieder nach Hause kommen

Marienau (wbn). Der Coppenbrügger Ortsteil Marienau hat viele Prozessionen gesehen. Vor allem im Mittelalter, wovon heute noch das Wittmusfest kündet. Jetzt bewegen sie sich wieder gemessenen Schrittes durch die Straßen. Nur, dass diesmal keine Mönche in Kutte voranlaufen und statt frommer Gesänge schon mal ordentlich über die Vertröstungen aus Berlin geflucht wird und eine Vuvuzela trötet.

Die Polizei schreitet nebenher und die Lkw-Fahrer sind stinkesauer. Stinke-sauer ist der richtige Ausdruck, weil Abgase nunmal stinken und die Miene der Brummi-Fahrer säuerlich anmutet – vielleicht weil sie auch durch den von der Prozession verursachten Stau ihre Fahrzeitvorschriften nicht einhalten  können.

Fritz Bretzing hingegen findet das mit dem Ärgernis total in Ordnung. Er hat seine Leute wieder zusammengetrommelt und dies wieder an einem Freitag. Weil da die Marienauer besonders viel Zeit haben und die Brummi-Fahrer, das Wochenende vor Augen, besonders wenig.

Ulrich Watermann ist diesmal mit dabei. Der Landtagsabgeordnete. Neben ihm Markus Brockmann vom „Straßenbauamt“  in Hameln. Er hat seinen Regenschirm dabei, behauptet aber Optimist zu sein. Warum er sich denn dienstlich in die Demo eingereiht habe, wollen die Weserbergland-Nachrichten.de von ihm wissen. Brockmann sieht es gelassen. Die Demonstranten seien schließlich für die Planung – und nicht dagegen.  Die „Guten“ eben. 

(Zum Bild: Fritz Bretzing (mit Signalweste) an der Spitze seiner Marienauer Demonstranten für den Bau der B 1-Ortsumgehung. Darunter: Markus Brockmann - im Vordergrund - an der Seite des SPD-Landtagsabgeordneten Uli Watermann im Zug der Freitagsdemo durch den Coppenbrügger Ortsteil Marienau. Fotos: Weserbergland-Nachrichten.de)

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Diejenigen, die wollen, dass die Umgehungsstraße der Bundesstraße 1 um Coppenbrügge und Marienau tunlichst gebaut wird. Und zwar „jetzt“, wie die Plakate am Wegesrand verkünden. „Jetzt“, das klingt zwar nicht machbar, weil niemand, schon gar nicht an einem  Freitag, anfangen würde „jetzt“ eine Umgehungsstraße zu bauen, aber es klingt gut.

Die Geduldigen sind nämlich ungeduldig geworden. Neun der Demonstranten sind geboren worden, als die ersten Hoffnungen auf den Bau der Umgehungsstraße geweckt wurden.

Das war vor 42 Jahren. Jetzt laufen die damals Geborenen als lebende Sanduhr in diesem Zug mit. Ihre Kinder hurtig voraus. Sie wollen nicht, dass auch die nächste Generation vertröstet wird. Von „denen da oben“. In Berlin, in Hannover. Und früher war es „in Bonn“.

So hatschen sie denn frustriert über die Bundesstraße 1 von einem Ortseingang zum anderen, wie beim letzten Mal.  Auch Dachdecker Vönöky ist wieder dabei. Er weiß, wie man anderen aufs Dach steigt. Ute Fehn zeigt ebenfalls Flagge. Schließlich würde sie liebend gerne die Umgehungsstraße einweihen – als Bürgermeisterin des Fleckens Coppenbrügge. Doch da ist Uli Peschka vor, der amtierende Bürgermeister, der nicht nur in diesem Zug symbolisch vorn liegt. Doch alle eint immerhin ein gemeinsames Anliegen: Die B1 in ihrer neuen Streckenführung am Ort vorbei schnell voranzutreiben. Und die „Freitagsdemonstration“ von Marienau hat gute Chancen in die Annalen des Ortes einzugehen.

Weil alle mitlaufen, steht niemand am Straßenrand

Weil alle mitlaufen, steht niemand am Straßenrand. So sind die Marienauer eben. Was sie machen, das machen sie richtig. Watermann  überlegt im Demonstrationszug, was er dann im Dorfgemeinschaftshaus der versammelten Runde sagen wird. Eigentlich nichts neues, aber das besonders aufmunternd. Politiker können sowas. Auf einer Glatze Locken drehen.

Markus Brockmann der Leiter der Landesstraßenbaubehörde in Hameln verkündet erneut, dass im Januar der Planfeststellungsbeschluß erfolge und damit ein wichtiger Meilenstein erreicht sei. Die Marienauer Umgehungsstraßen-Demonstranten haben freilich schon viele Meilensteine in ihrem Leben erlebt und deshalb das Gefühl auf der Stelle zu treten. Darum schmeißt Watermann, der routinierte Landtagsredner den verbalen Turbo an und erzählt der Hundertschaft wissbegieriger Marienauer, dass der Planfeststellungsbeschluß sowas wie die „Puhlposisch‘n“ ist. Die Poolposition. Das klingt nach Formel 1 und nach Schumi in seinen besten Zeiten. Vor allem, nach Entscheidung.

Bretzing versucht es mit der Mobilmachung des Marienauer Bürgerzorns

Fritz Bretzing in seiner quietschgelben Signalweste weiß wie man die Gläubigen nach einem Feldgottesdienst nach Hause schickt.  Die Watermannsche Poolposition im Rennen um die schnellste Umsetzung unter den zehn dringlichsten Straßenbaumaßnahmen in Niedersachsen ist ja schon mal Salbe auf die unter die Räder gekommenen Seelen der Marienauer. Doch Bretzing versucht es auch mit der Mobilmachung des Marienauer Bürgerzorns. Man werde sich vorbehalten nach Hannover und wenn es sein muß, auch nach Berlin zu gehen. Da wird Merkel Marienau so richtig kennen lernen. Die Vuvuzela-Bläser üben schon mal.

Doch erst wird mal gefeiert. Denn  der Planfeststellungsbeschluß im Januar ist, so sehen es Brock- und Watermann, auch ein Grund zum Feiern. Und irgendwie haben es die beiden geschafft die Kurve zu kriegen vom Protestieren hin zum Feiern. Ein Glanzstück der aufbauenden Rhetorik aus dem reichen Erfahrungsschatz der Erweckungsprediger. Es herrscht verhaltener Optimismus bis zur nächsten Freitag-Demonstration im Wittmus-Prozessionsort Marienau. Und beinahe wäre das Fernsehen dabei gewesen, das sich bei Fritz Bretzing schon angekündigt hatte. Aber die TV-Leute des NDR  haben wohl die richtige Einschätzung gehabt: Die Marienauer werden mit ihrer Freitagsdemo nicht davonlaufen.

Es wird noch viele Demo-Märsche geben. Und Fritz Bretzing gehen die Ideen nicht aus: Vielleicht wird auch ein als Sündenbock ausgemachter Politiker oder Ministerialbeamter mit dem berüchtigten weißen Wittmus-Mus zur Strafe zwangsernährt...

 
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