Videoüberwachung im Streifen-Einsatz
Kamera auf der Schulter: Polizei in Hessen testet erfolgreich das Pilotprojekt „BodyCam“

Von Frank  W e b e r

Freitag 19. Dezember 2014 – Wiesbaden/Hannover (wbn). Wenn „drei Augen“ auf Streife gehen: Das wache Augenpaar des Polizisten und das dritte Kamera-Auge als Video-Zeuge.  Aggressives Verhalten, tätliche Übergriffe – der Streifendienst, insbesondere in Brennpunktgebieten, wird für Polizisten zunehmend gefährlicher. Um ihre Beamten vor Angriffen zu schützen, hat die Polizei im Nachbarland Hessen jetzt in einem Pilotprojekt sogenannte BodyCams, also am Körper befestigte Kameras, getestet. Mit Erfolg.

Die Kameras wirken offenbar so abschreckend, dass sie potentielle Delinquenten schon von vornherein davon abhalten, den Ordnungshütern gegenüber aggressiv zu werden. Entwickelt sich dennoch eine akute „Gefahrenlage“, kann die Auswertung der Aufnahmen zur Aufklärung beitragen. Ist der Einsatz des Systems, das in Hessen für einen messbaren Rückgang der Übergriffe auf Polizeibeamte gesorgt hat, auch für das Land Niedersachsen denkbar?

(Steter Begleiter des „Kamera-Beamten": Die kleinen Schulterkameras haben sich in Hessen verdient gemacht. Foto: HMDIS / Hessisches Ministerium des Innern und für Sport)

 

 

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Nach Meinung des innenpolitischen Sprechers der SPD-Fraktion im Landtag, Ulrich Watermann, eher nicht. Im Gespräch mit den Weserbergland-Nachrichten.de bezeichnete der aus Bad Pyrmont stammende Landtagsabgeordnete das BodyCam-System im Hinblick auf geltende datenschutzrechtliche Bestimmungen als „schwerwiegenden Eingriff“. Die Niedersächsische Regierungskoalition stehe der Sache sehr kritisch gegenüber. Die positiven Erfahrungen in Hessen können den Sozialdemokraten aus dem Weserbergland offensichtlich nicht überzeugen. Im Gegenteil. Nach seiner Einschätzung könnte das System besondere Situationen sogar verschärfen – etwa bei Demonstrationen. Eine „emotionalisierte Steigerung der Auseinandersetzungen“ wäre die Folge.

Land Niedersachsen: BodyCams derzeit nicht vorgesehen

Auch das Land Niedersachsen drückt also beim Thema „BodyCam“ auf die Bremse. Zwar verfolgt das Innenministerium unter Innenminister Boris Pistorius (SPD) das Pilotprojekt im Nachbar-Bundesland nach eigenen Angaben aufmerksam, eine Einführung des Systems sei aber „derzeit nicht vorgesehen“. Nachvollziehbar, denn in jedem Fall müssten erstmal die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Einsatz in Niedersachsen geschaffen werden. Bisher sind Kameras dort nur zur Eigensicherung bei Kontroll-Situationen im öffentlichen Verkehrsraum zulässig.

Gewerkschaft der Polizei steht dem System offen gegenüber

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Niedersachsen steht dem Projekt unterdessen grundsätzlich offen gegenüber. Im Gespräch mit den Weserbergland-Nachrichten.de betonte Sprecher Christian Hoffmann, dass der Einsatz von BodyCams in „problematischen Bereichen“ zu begrüßen sei, wenn dadurch Angriffe auf Polizisten verhindert werden könnten. Im Jahr würden derzeit knapp 1.000 seiner Kollegen in Niedersachsen im Dienst verletzt, so Hoffmann. Doch auch der Gewerkschaftssekretär bleibt eher zurückhaltend. In jedem Fall blieben vor einer denkbaren Übernahme solcher Kamera-Überwachungen die Ergebnisse aus Hessen abzuwarten.

Ergebnisse aus Frankfurt überzeugen

Dabei ist längst klar, dass das System funktioniert. Allein im Frankfurter Stadtteil Alt-Sachsenhausen  konnte nach Angaben des Hessischen Innenministeriums zum Abschluss des einjährigen Projektzeitraums ein Rückgang der Angriffe auf Einsatzkräfte von 40 auf 25 verzeichnet werden – eine Verbesserung um 37,5 Prozent. Insgesamt 24 sogenannte „Bildsequenzen“ sind in dem Zusammenhang als Beweismittel in Strafverfahren eingebracht worden. Innenminister Peter Beuth (CDU) bezeichnete die Hessische Polizei als „Vorreiter für diese technische Neuerung“. Auf Basis der positiven Erfahrungen sei er sich sicher, ein wegweisendes polizeiliches Einsatzmittel entwickelt zu haben.

Einsatz ausschließlich im öffentlichen Raum

Und so funktioniert‘s: Nach Informationen des „Präventionsportal Polizei-Dein-Partner.de“ werden die kleinen Schulter-Kameras immer dann eingesetzt, wenn die Beamten in Brennpunktgebieten im öffentlichen Raum unterwegs sind. Im Einsatz trägt nur ein Beamter aus einem Dreier- oder Vierer-Team die Kamera am Körper, dazu eine auffallende Weste mit dem Schriftzug „Videoüberwachung“. Die „BodyCam“ nimmt dabei permanent in 60-Sekunden-Schleifen auf, die anschließend automatisch gelöscht werden. Nur wenn der Polizist den entsprechenden Knopf drückt, bleibt die aktuelle Aufnahmeschleife erhalten. Zum Dienstschluss erfolgt dann die Sichtung des aufgenommenen Materials im Vier-Augen-Prinzip. Inhalte, die nicht für die Strafverfolgung erforderlich sind, werden gelöscht – dem Datenschutz zuliebe.

Gesetz erlaubt nur Videoaufnahmen ohne Ton

Strenge Datenschutzrichtlinien sind auch der Grund, warum die Kameras nur Videosequenzen aufzeichnen, jedoch keinen Ton. Dafür müsste wie in Niedersachsen auch in Hessen zunächst eine rechtliche Grundlage geschaffen werden. Momentan ist eine Rechtsgrundlage für Tonaufnahmen im Hessischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und  Ordnung  (HSOG) nicht vorhanden, könnte aber bald angestoßen werden. „Die bisherigen Erfahrungen legen den Bedarf nahe, zur Dokumentation des Verlaufs von Kontrollmaßnahmen auch den Ton aufzuzeichnen“, heißt es aus dem Ministerium in Wiesbaden. Durchaus sinnvoll, denn damit wären Beleidigungen und der mögliche Eskalationsverlauf zweifelsfrei nachweisbar.

Idee aus der Praxis heraus

Die Idee der Mini-Schulterkamera hatte sich aus der Tatsache ergeben, dass sich im Frankfurter  Stadtteil  Alt-Sachsenhausen die Zahl der Angriffe und Widerstandshandlungen häuften, bei denen Beamte verletzt wurden. Nachdem in Alt-Sachsenhausen bereits nach einem halben Jahr die Fallzahlen von 27 auf 20 zurückgegangen waren, wurde der Einsatzbereich auch auf die Frankfurter Zeil ausgeweitet. Nach einem einjährigen Probebetrieb in Frankfurt holte Beuth zwei weitere Städte mit ins Boot: Wiesbaden und Offenbach. Obwohl die Ergebnisse von dort erst im Mai 2015 vorliegen werden, kündigte der Innenminister im Oktober bereits an, den Einsatz der „BodyCams“ auf ganz Hessen ausweiten zu wollen. Aus 13 bis jetzt vorhandenen Kamerasystemen sollen dann landesweit 72 werden.

„BodyCam“-Erfinder geehrt

Es ist offensichtlich: Im Nachbar-Bundesland ist das Projekt mittlerweile zur Erfolgsgeschichte geworden. Vor wenigen Wochen wurden die Erfinder der hessischen „BodyCam“, Polizeihauptkommissar Oliver Heß und  Michael Roesner, von ihrem Dienstherrn Beuth feierlich geehrt. Die beiden hatten gemeinsam den Vorschlag zur „BodyCam“ eingereicht und damit offenbar einen Stein ins Rollen gebracht. Schon im Mai hatte Beuth erklärt, dass sich Polizeien aus dem gesamten Bundesgebiet und dem Europäischen Ausland bei der Polizei Hessen über die „BodyCams“ informiert haben.

In den USA ist die „BodyCam“ seit Jahren ein Thema. Dort hat eine New Yorker Richterin sogar die Polizei aufgefordert, „BodyCams“ zu testen. Datenschützern hier wie dort bleibt der visuelle Begleiter allerdings ein Dorn im Auge: Little Brother ist watching you.

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Alle Fotos: © HMDIS / Hessisches Ministerium des Innern und für Sport

 
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