Die Regierunserklärung von Ministerpräsident Stephan Weil

Bis hierhin erfolgreich – Niedersachsens Weg durch die Corona-Krise

Donnerstag 23. April 2020 - Hannover (wbn). Ministerpräsident Stephan Weil hat heute im Niedersächsischen Landtag den Weg seiner Landesregierung durch die Corona-Krise im Rahmen einer Regierungserklärung beschrieben. Das Infektionsgeschehen sei nicht beseitigt, aber vorerst unter Kontrolle.

Lockerungen müssten „tastend“ vorgenommen werden. Die Weserbergland-Nachrichtenl.de veröffentlichen nachfolgend die Regierungserklärung Stephan Weils im Wortlaut. Der Text lag der Redaktion im Voraus vor. Deshalb kann es wie immer Abweichungen zum gesprochenen Wort geben.

(Zum Bild: Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Foto: SPD)

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Regierungserklärung des Niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil vor dem Niedersächsischen Landtag am 23. April 2020

(Es gilt das gesprochene Wort!)

Anrede,

vor fast genau einem Monat, am 25. März, habe ich in der letzten Sitzungsperiode eine Regierungserklärung abgegeben und der Titel lautete „Niedersachsen im Kampf gegen das Corona-Virus“. Die Überschrift über meiner heutigen Regierungserklärung lautet „Bis hierhin erfolgreich – Niedersachsens Weg durch die Corona-Krise“. Damit ist vielleicht in ganz kurzen Worten ausgedrückt, was in den letzten Wochen geschehen ist und mit welchen Gefühlen ich heute vor Ihnen stehe – ich bin vor allem tief erleichtert.

Vor einem Monat hatten wir gerade eine ganze Kette von tiefgreifenden Einschränkungen im öffentlichen Bereich, in der Wirtschaft und auch im privaten Lebensumfeld vorgenommen. So etwas hatte es bis dahin noch nicht gegeben und es gab leider sehr gravierende Gründe für diese Entscheidungen.

Die Perspektiven waren nämlich damals in Niedersachsen ebenso wie in ganz Deutschland erschreckend. Ein unkontrollierter Verlauf der Pandemie, wie wir ihn bis heute aus anderen Ländern hören und sehen, drohte ganz konkret auch in Deutschland.

In den wenigen Wochen seither ist es uns gemeinsam gelungen, das Blatt zu wenden. Heute haben wir das Infektionsgeschehen nicht beseitigt, aber vorerst unter Kontrolle – und das ist eine gewaltige Leistung.

Zu allererst ist es die Leistung von unzähligen Bürgerinnen und Bürgern, die aus eigener Einsicht heraus ihr Verhalten wesentlich verändert haben, die Abstand halten, die viel mehr zu Hause bleiben als gewöhnlich.

Ich spreche über Eltern, die sich nach Schließung der Schulen und Kindertagesstätten ganz kurzfristig umgestellt haben und neben dem Beruf versuchen, die Betreuung ihrer Kinder sicherzustellen. Ich spreche über Menschen im Lebensmitteleinzelhandel und in der Logistik, die unter wesentlich schwierigeren Bedingungen als zuvor viel mehr als normal gearbeitet haben. Über diejenigen, die sich auch getraut haben, freundlich, aber bestimmt, Nachbarn auf unvorsichtiges Verhalten aufmerksam zu machen.

Ein besonderes Wort gilt denjenigen, die in den letzten Wochen unter eigenen erhöhten Risiken für andere eingestanden haben – allen voran in den Krankenhäusern und Pflegeheimen. Ich bedanke mich bei den Beamtinnen und Beamten unserer Polizei, die jeden Tag unterwegs sind, um an die bestehenden Vorschriften zu erinnern und sie ggf. auch durchzusetzen. Und ich bedanke mich bei den Beschäftigten in den Gesundheitsämtern.

Die Kommunen haben das dort eingesetzte Personal etwa verfünffacht. Eine unglaubliche Leistung und so ließe sich die Dankesliste noch lange fortsetzen.

Heute ist die Zahl der täglich Genesenen höher als die Zahl der Neuinfizierten

Anrede,

unter dem Strich haben wir in den vergangenen Wochen eine großartige Leistung der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land erlebt, die aus eigener Einsicht heraus ihren Beitrag zur Abwendung einer drohenden Gefahr geleistet und damit viele, viele Menschenleben gerettet haben. Ich drücke allen diesen Menschen meinen tief empfundenen Dank aus!

Was in dieser Zeit geschehen ist, lässt sich auch in Zahlen fassen. Der tägliche Anstieg von neuen Infektionen ist heute wesentlich geringer als vor einem Monat. Und noch ein Wert ist wichtig: Heute ist die Zahl der täglich Genesenen höher als die Zahl der Neuinfizierten.

Vor allem aber gilt: Noch vor einem Monat mussten wir fürchten, dass unsere Krankenhäuser genau heute komplett überlastet sein würden und hunderte Menschen sterben müssten, weil sie nicht versorgt werden könnten. Das ist nicht eingetreten, im Gegenteil: Aus den Intensivstationen unserer Krankenhäuser werden aktuell sehr entspannte Belegungszahlen gemeldet. Das ist die beste Nachricht, die wir haben können.

Noch einmal: Es ist beeindruckend, was in dieser kurzen Zeit in Deutschland und in Niedersachsen geschehen ist. Und das deutsche Beispiel mit einer bemerkenswert niedrigen Sterberate, findet auch international viel Beachtung, auch wenn jede Tote und jeder Tote zu viel ist.

Wir verzeichnen bis heute 343 Todesfälle, daran muss ich leider auch erinnern und das damit viel Trauer verbunden ist. Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen.

Anrede,

wir sind trotz allem bislang vergleichsweise gut durch die Krise gekommen. Aber klar ist auch, viele Menschen haben derzeit existenzielle Sorgen und fürchten um ihre Arbeitsplätze und die Zukunft ihrer Unternehmen.

Das alles zeigt deutlich, die Krise ist noch nicht vorbei und ich füge hinzu: Die Gefahr ist auch noch nicht vorbei.

Wir stehen jetzt am Anfang eines neuen Kapitels unseres Kampfes gegen die Corona-Pandemie, aber leider noch nicht an seinem Ende. Das Virus wird voraussichtlich erst aus unserer Gesellschaft verschwunden sein, wenn ein wirksamer Impfstoff zur Verfügung steht und das dürfte noch mindestens ein Jahr dauern, wie Experten sagen. Wenn wir nicht aufpassen, könnten wir schneller als gedacht exakt in dieselbe Bedrohung zurückfallen, von der ich Ihnen vor einem Monat berichtet habe.

Anrede,

machen wir uns keine Illusionen: Womöglich steht uns jetzt sogar eine noch schwierigere Etappe bevor als wir sie hinter uns haben. Womöglich ist es leichter, unter dem Eindruck unmittelbar bevorstehender Gefahren Menschen zur Überprüfung ihres Verhaltens zu motivieren, als über einen längeren Zeitraum bei einem scheinbar relativ entspannten Infektionsgeschehen.

Die Bundeskanzlerin hat von einem „zerbrechlichen“ Erfolg gesprochen, der erzielt worden ist.

Anrede,

die Bundeskanzlerin hat von einem „zerbrechlichen“ Erfolg gesprochen, der erzielt worden ist. Ich finde das eine sehr treffende Beschreibung der Situation, ebenso wie das Bild von dem dünnen Eis, über das wir derzeit gehen.

Was werden unsere wichtigsten Aufgaben in den nächsten Wochen und Monaten sein? Einerseits Schritt für Schritt herauszufinden, wie schnell wir die derzeitigen Einschränkungen lockern können, ohne die Kontrolle über das Infektionsgeschehen zu verlieren. Und andererseits immer wieder daran zu erinnern, dass der Schlüssel für den Erfolg bei uns allen und unserem ganz persönlichen Verhalten liegt.

Anrede,

was die Lockerungen angeht, befinden wir uns jetzt an deren Anfang. In der vergangenen Woche haben die Bundeskanzlerin und die Regierungschefs der Länder eine ganze Reihe von Schritten vereinbart, die als erste erfolgen sollen. Diese Maßnahmen betreffen die allmähliche Öffnung unserer Schulen und Bibliotheken, die Erweiterung der Notbetreuung und die Erweiterung unserer Einkaufsmöglichkeiten.

Ich werde auf all diese Themen noch zurückkommen, aber ihnen ist gemeinsam, dass sie vorsichtig und gewissermaßen tastend sind. Wir haben alle bisher noch zu wenig Zeit gehabt, um wirklich Erfahrungen im Umgang mit dieser Pandemie zu machen. Noch wissen wir nicht genau, welche Maßnahmen welche Konsequenzen auf das Infektionsgeschehen haben. Hinzu kommt: Jede Lockerung ist abhängig davon, wie die Gesellschaft insgesamt darauf reagiert. Wir können uns viel an Lockerung erlauben, wenn alle weiter vorsichtig sind, auf Abstand und Hygiene achten und Kontakte einschränken. Wenn aber beispielsweise die Wiederöffnung der Innenstädte einen unkontrollierten Run auf die Geschäfte auslöst, wird es weniger Spielraum für weitere Maßnahmen geben. Die Zahlen werden es am Ende zeigen.

Deswegen stehe ich aus eigener, tiefer Überzeugung zu dem zwischen dem Bund und den Ländern verabredeten Vorgehen. Wir wollen alle 14 Tage zunächst die Infektionslage analysieren und dann bewerten, ob vor diesem Hintergrund weitere Lockerungen möglich sind.

Das ist in der nächsten Woche, am 30. April, wieder der Fall. Ich hoffe, dass es danach weitere Fortschritte geben wird, zum Beispiel beim Sport, der Kultur oder des Angebotes für die Kinder

Aber um auch dies klar zu sagen: Würde uns die Infektionslage dazu zwingen, müssten wir bereits erfolgte Lockerungen in den nächsten Wochen und Monaten gegebenenfalls auch wieder zurücknehmen. Schon dieser Gesichtspunkt spricht dagegen, anfangs zu große Schritte zu gehen.

Anrede,

ich betone dieses Vorgehen deswegen, weil viele Betroffene natürlich ungeduldig sind und wer wollte es ihnen verdenken? Ja, wir wollen so schnell wie möglich zur Normalität zurückkehren, aber eben auch so langsam und so vorsichtig wie nötig. Weder waren die Warnungen vor einigen Wochen ‚falscher Alarm‘, noch gibt es jetzt einen Grund zur Entwarnung. Auch bei den nächsten anstehenden Lockerungen von Einschränkungen müssen wir vernünftig sein und das heißt – vorsichtig.

Anrede,

ich bin mir dabei sehr des Umstandes bewusst, dass wir über Grundrechtseingriffe reden. Im Hinblick auf die Demonstrationsfreiheit haben wir mit der letzten Änderung unserer Verordnung bereits bestehenden Bedenken Rechnung getragen.

Im Hinblick auf die Religionsfreiheit hoffe ich, dass es sehr schnell eine Verständigung darüber geben kann, unter welchen Voraussetzungen Gottesdienste und andere Formen der Religionsausübung wieder möglich sein können. Die Gespräche – so höre ich – sind auf einem guten Weg.

In anderer Hinsicht müssen wir heute schon sagen, dass Einschränkungen wahrscheinlich deutlich länger dauern werden. Große Veranstaltungen sind auch große Risiken für neue Infektionsketten. Bis mindestens Ende August erscheint ihre Durchführung aus heutiger Sicht unvertretbar und wir haben in dieser Hinsicht auch für Klarheit gesorgt.

Und noch etwas will ich hier ganz offen ansprechen: Die Kontaktbeschränkungen sind gewiss der härteste Eingriff, der bislang geschehen ist, aber auch der wirksamste. Gerade viele ältere Menschen spüren das besonders deutlich und ihnen fehlt oft der Umgang mit ihren Enkelkindern.

Aus der Entwicklung der Infektionszahlen ist allerdings deutlich ablesbar, dass gerade diese Maßnahme sehr zum Rückgang neuer Erkrankungen geführt hat. Deswegen müssen wir leider bei der Lockerung der Einschränkung im direkten persönlichen Miteinander auch besonders vorsichtig sein.

Das gilt leider gerade auch für einen Schritt, bei dem die Einschränkungen besonders wehtun – die Besuchsverbote in den Pflegeheimen.

Ich weiß genau, wie wichtig vor allem die Besuche der Angehörigen für alte Menschen sind. Auf der Basis von Hygienekonzepten für die einzelnen Heime finden sich jetzt hoffentlich schnell befriedigende Lösungen, die den Schutz des Lebens der Bewohner und den Schutz ihrer Lebensqualität in Einklang bringen.

Anrede,

wenn wir auf dem beschriebenen Weg in den nächsten Wochen immer wieder neue Entscheidungen treffen, wird Kritik kaum zu vermeiden sein. Ich will das an einem praktischen Beispiel deutlich machen: In der Runde der Bundeskanzlerin und der Ministerpräsidentinnen und der Ministerpräsidenten gab es sehr unterschiedliche Auffassungen zu der Frage, ob eine Erweiterung der Öffnung des Einzelhandels jetzt schon vertretbar ist. Während die einen zur äußersten Vorsicht geraten haben, konnten sich die anderen auf Grundlage guter Erfahrungen im Lebensmitteleinzelhandel weitergehende Schritte vorstellen.

Herausgekommen ist ein Kompromiss, der eine Grenze bei 800 Quadratmetern Verkaufsfläche vorsieht. Das ist keine willkürliche Grenze, wie die Kritik lautet, sondern die Grenze zum großflächigen Einzelhandel im geltenden Baurecht. Wir haben uns auf diese Grenze verständigt, weil große Flächen als Kundenmagneten auch eine größere Zahl von Menschen zusammenbringen und wir das in einem ersten Schritt noch vermeiden wollten.

Ich kann die Frustration über diese Entscheidung zum Beispiel in den Möbelhäusern natürlich verstehen und muss dennoch um Verständnis bitten. Sie erscheint mir allemal besser als eine Situation, in der die einen Bundesländer unter Wahrung von Hygienekonzepten jede Form des Einzelhandels freigeben und die anderen die Geschäfte weitgehend geschlossen halten. Gerade weil ich ein überzeugter Föderalist bin, hat für mich ein abgestimmtes Vorgehen zwischen Bund und Ländern einen hohen Stellenwert, gerade auch in der Vermittlung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern.

Deswegen stehe ich zu der gemeinsamen verabredeten Linie

Deswegen stehe ich zu der gemeinsamen verabredeten Linie, hätte mir bei einem anderen Thema aber allerdings auch eine wesentlich bessere Abstimmung der Länder gewünscht – dem Thema der Alltagsmaske. Da gab es erst vor einer Woche eine Verständigung aller Beteiligten im Sinne einer Empfehlung zum Tragen einer solchen Alltagsmaske. Diese Verständigung hat sich dann nach und nach verflüchtigt mit der Folge, dass ein Flickenteppich entstanden ist, anstatt sich miteinander von neuem abzustimmen. Dass die Ländergemeinschaft insgesamt dabei einen guten Eindruck gemacht hat, wird niemand behaupten.

In der Sache selbst ist auch eine Verpflichtung gut zu vertreten. Die Lockerungen werden natürlich zu einer Belebung führen und deswegen müssen wir sie mit weiteren Maßnahmen zum Infektionsschutz flankieren

Ein Beispiel dafür ist gerade die vieldiskutierte Maskenpflicht. Ich spreche nicht über qualifizierte Schutzmasken, die den Beschäftigten in den besonders betroffenen Berufsgruppen vorbehalten bleiben müssen, sondern über die sogenannten Alltagsmasken, besser gesagt: Eine Abdeckung von Mund und Nase.

Wie die meisten von uns, habe ich keine Freude bei dem Gedanken, dass Gesicht verdecken zu müssen. Es wird aber allerdings nun einmal Situationen geben, in denen gerade unter den Bedingungen zunehmender Lockerungen wieder mehr Menschen zusammenkommen werden und der notwendige Abstand eventuell nicht immer eingehalten werden kann. Ich denke dabei insbesondere an die Nutzung des ÖPNV, aber auch den Einzelhandel.

Mund und Nase mit einfachen Mitteln in solchen Situationen abzudecken, schützt Dritte vor unseren Viren und ist deswegen sinnvoll.

Deshalb wird es von der nächsten Woche an auch in Niedersachsen dazu eine Verpflichtung geben. Wir dürfen allerdings an diese sinnvolle Maßnahme nicht zu hohe Erwartungen knüpfen: Wir selbst werden damit kaum geschützt. Entscheidend sind und bleiben deshalb zwei andere Wege: Abstand zu halten und eine strikte persönliche Hygiene. Das möchte ich an dieser Stelle eindringlich in Erinnerung rufen.

Anrede,

Abstand und Hygiene müssen auch in allen anderen Lebensbereichen gewährleistet sein.

Wir beginnen langsam wieder mit der Öffnung der Schulen, aber auch dort wird vieles anders sein als vorher. Bis zum Ende dieses Schuljahres sind dort geteilte Klassen vorgesehen – wir wollen die Zahl von Schülerinnen und Schülern in den Klassenräumen halbieren. Herzlichen Dank allen Lehrerinnen und Lehrern, die sich sehr fantasievoll und mit großem Engagement bislang aus der Ferne um ihre Schülerinnen und Schüler gekümmert haben und das in Kürze unter herausfordernden Abstands- und Hygienebedingungen in den Schulen fortführen werden. Der sehr abgewogene Plan zur Öffnung der Schulen wird dabei hoffentlich helfen.

Nachdem viele Fachhochschulen bereits vorher digital gestartet waren, hat auch der Lehrbetrieb des Sommersemesters 2020 an allen Hochschulen in Niedersachsen am letzten Montag nunmehr digital begonnen. Damit sind unsere Hochschulen bereits heute digitale Vorreiter.

Wenn das Wirtschaftsleben nach und nach wieder an Fahrt aufnimmt, werden auch zunehmend mehr Eltern an ihre Arbeitsplätze zurückkehren. Viele Beschäftigte haben in den letzten Wochen große Belastungen und Abstriche akzeptieren müssen, das wird sich nicht unbegrenzt fortsetzen lassen.

Deswegen haben Bund und Länder gemeinsam vereinbart, die Notbetreuung in den Schulen und KiTas deutlich zu erweitern. Bei uns in Niedersachsen gibt es im Ländervergleich durchaus noch Luft nach oben und diese Spielräume sollten jetzt tatsächlich auch genutzt werden. Das wird vielen Familien, so hoffe ich, sehr helfen.

Anrede,

vor uns liegt eine schwierige Phase, in der wir lernen müssen, so lange mit dem Virus zu leben, bis ein Impfstoff zur Verfügung steht. Gerade weil ich Respekt vor den Anforderungen habe, die mit diesem Vorgehen verbunden sind, müssen wir auch Klarheit und hoffentlich Einvernehmen über den Maßstab haben.

Für die Landesregierung ist der wichtigste Maßstab für Spielräume am Ende die Situation in unseren Krankenhäusern. Es darf uns nicht passieren, dass dort Ärzte die Entscheidung darüber treffen müssen, wer beatmet werden kann und wer sterben muss, um es einmal auf den Punkt zu bringen. Das ist uns bislang gelungen und das muss uns auch weiterhin gelingen. Das heißt: Lockerungen gerne, aber eben nur schrittweise und vorsichtig und immer mit dem Blick auf die Konsequenzen im Gesundheitswesen. Ich bitte Sie alle sehr herzlich darum, dass wir uns selbst immer wieder diesen Maßstab in Erinnerung rufen und ihn zum Kompass unserer Entscheidungen machen. Das folgt aus unserm Menschenbild hier in Niedersachsen, das ist für uns entscheidend!

Anrede,

es wäre gut, ich könnte meine Berichterstattung an dieser Stelle beenden, aber natürlich ist das nicht möglich. Das Corona-Virus ist eben nicht nur eine Bedrohung für die Gesundheit, sondern auch für die Wirtschaft. Wirtschaftsminister Bernd Althusmann, Sozialministerin Carola Reimann und ich haben einmal wöchentlich eine Video-Konferenz mit führenden Repräsentantinnen und Repräsentanten der niedersächsischen Unternehmen und Gewerkschaften. Es ist uns sehr bewusst, dass wir uns inmitten einer harten Wirtschaftskrise befinden, die nicht alle, aber doch die meisten Sektoren unserer Volkswirtschaft erfasst hat.

Das Besondere an dieser Krise ist, dass sie – anders als Konjunkturkrisen – gleich mit einer besonders schwierigen und harten Herausforderung beginnt, nämlich der Liquiditätskrise. Vielen Unternehmen aus ganz unterschiedlichen Sektoren sind von heute auf morgen die Einnahmen weggebrochen. Das gilt für den Handel, für Hotellerie und Gastronomie, das gilt aber auch für weite Bereiche der Industrie, allen voran der Automobilindustrie. Es gibt nun einmal keine Umsätze, wenn noch nicht einmal die Möglichkeit zum Verkauf einer Ware oder einer Dienstleistung besteht.

Deswegen ist der beste Weg aus der Wirtschaftskrise eine möglichst rasche und gründliche Überwindung der Corona-Krise. Je schneller und nachhaltiger es uns gelingt, Infektionsrisiken vorzubeugen und in diesem Rahmen die Rückkehr zur Normalität zu schaffen, desto schneller können sich auch die Unternehmen erholen.

Wir reden über Sein oder Nichtsein für viele Betriebe, wir reden über hunderttausende von Arbeitsplätzen.

Einmal mehr bewährt sich derzeit das Instrument der Kurzarbeit, das Beschäftigungsbrücken baut. Über 60.000 Unternehmen in unserem Land haben diese Unterstützung bereits beantragt. Aber diese Brücke muss in absehbarer Zeit an das andere Ufer führen, um einmal im Bild zu bleiben.

Positiv ist in diesem Zusammenhang hervorzuheben, dass die Sofortprogramme des Bundes und des Landes ankommen. Für die unterschiedlichen Zuschuss- und Hilfsprogramme verzeichnen wir derzeit 194.000 Anträge bei der NBank, davon sind bereits 70 Prozent bewilligt oder derzeit in der Bearbeitung. Mehr als 627 Millionen Euro Zuschüsse wurden bereits bewilligt. Parallel dazu ist die Praxis der Finanzämter gegenüber notleidenden Betrieben derzeit sehr großzügig. Ich danke ausdrücklich für das große Engagement aller Beteiligten, dass die Grundlage dieser sehr beachtlichen Bilanz ist. Auch aus dem Bereich der Wirtschaft gibt es immer mehr Anerkennung für diese Vorgehensweise.

Die Programme sind höchst verdienstvoll, sie bieten aber gewissermaßen nur eine Überlebenshilfe. Ebenso wie bei der Kurzarbeit können sie nicht die Perspektiven für die Zukunft ersetzen.

Es gibt Bereiche, wo wir durch einen hoffentlich möglichen zügigen Neustart auch die Zukunftsperspektiven wieder herstellen können. Damit meine ich zunächst den Bereich des Handels, aber auch für die Gastronomie hoffen wir nach und nach auf eine Wiederbelebung – immer natürlich unter den Ihnen mittlerweile sattsam bekannten Vorbehalten.

In anderen Bereichen ist wahrscheinlich noch über die bislang gewährten Mittel eine hinausgehende spezifische Unterstützung vonnöten. Das gilt etwa für den Tourismus, der sich derzeit vor allem um das Sommergeschäft sorgt. Deswegen begrüße ich es sehr, dass die Bundesregierung Berichten zufolge derzeit Unterstützungsmaßnahmen für diesen Sektor prüft.

Etwas Ähnliches gilt auch für den Bereich der Industrie. Für uns in Niedersachsen ist natürlich die Entwicklung der Automobilindustrie mit samt aller vor- und nachgelagerten Bereiche von größter Bedeutung. Das gilt aber auch für die Bundesrepublik insgesamt, denn es handelt sich um die deutsche Leitindustrie schlechthin mit einer kaum zu überschätzenden volkswirtschaftlichen Bedeutung. Das gilt ausdrücklich vor allem für die vielen Unternehmen der Zulieferindustrie.

Ein erster Schritt ist sicherlich mit der Wiedereröffnung der Autohäuser verbunden. Deren Schließung war bezogen auf die Inlandsnachfrage so etwas wie ein Pfropfen auf der Flasche. Damit sollte es aber nicht sein Bewenden haben. Zu den Erfahrungen aus der Weltfinanzkrise vor etwas mehr als 10 Jahren zählt auch, dass die Abwrackprämie eines der erfolgreichsten Instrumente für das Comeback der deutschen Wirtschaft insgesamt gewesen ist. In Verbindung mit einer Reduzierung der CO2- und Stickoxid-Immissionen bietet sich auch jetzt ein solches Instrument an und die Landesregierung wird sich in dieser Hinsicht sehr engagieren.

Aber auch in manchen anderen Bereichen müssen wir über die ersten Hilfsmaßnahmen hinaus weitere Unterstützungsleistungen prüfen. Nicht überall, die Bauindustrie etwa befindet sich nach wie vor in einer relativ guten Situation. Nicht selten wird ein Neustart aber zwangsläufig mit Investitionen verbunden sein müssen, die für viele Unternehmen eine derzeit kaum überwindliche Hürde darstellen dürften. Deswegen werden wir auch darüber zu sprechen haben, ob und unter welchen Voraussetzungen gewährte Kreditprogramme in Investitionszuschüsse umgewandelt werden können, mit der Folge einer weiteren wirtschaftlichen Belebung.

Zu bedenken ist schließlich auch, dass viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ohne eine Aufstockung ihres Kurzarbeitergeldes für längere Zeit mit erheblichen Einkommenseinbußen leben müssten, bis bin zur notwendigen Inanspruchnahme von staatlichen Sozialleistungen. Auch in dieser Hinsicht ist es gut, dass die Bundesregierung weitergehende Unterstützungen prüft.

Am Ende werden solche Initiativen allesamt ihren Teil dazu beitragen, dass die deutsche Wirtschaft sehr schnell ein Comeback starten kann. Und auch das ist die Erfahrung aus der Weltfinanzkrise: Eine aktive Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik ist das Fundament für einen schnellen Aufschwung und übrigens auch für künftige Steuereinnahmen.

Womöglich ist dafür auch ein zweiter Nachtragshaushalt notwendig

Anrede,

über die genannten Bereiche hinaus gibt es, wie viele von Ihnen wissen, noch etliche andere Gruppen unserer Gesellschaft, die über existenzielle Sorgen klagen, weil ihnen die bisherigen Unterstützungsprogramme  aus unterschiedlichen Gründen nicht helfen. Das gilt – um nur einige Beispiele zu nennen – für die Kommunen, den Sport, die Kultur, die Erwachsenenbildung und für viele soziale Einrichtungen.

Die Landesregierung hört bei solchen Hinweisen nicht weg. Wir prüfen derzeit, welche eine Unterstützung für diese und weitere Bereiche geboten und möglich ist.

Womöglich ist dafür auch ein zweiter Nachtragshaushalt notwendig. In diesem Fall werden wir uns sehr darum bemühen, eine angemessene parlamentarische Beratung zu ermöglichen. Dass der Ausschussbetrieb wieder gestartet ist, ist hierfür hilfreich. Vor einigen Wochen waren, das wissen Sie, unter den gegebenen Umständen keine normalen parlamentarischen Abläufe möglich. Wir, die Landesregierung, bedanken uns bei Ihnen, den Abgeordneten des Landtages, dass es trotzdem gelungen ist, den ersten Nachtragshaushalt zu verabschieden, damit die Menschen und die Unternehmen in unserem Land die Unterstützung bekommen, die sie brauchen.

Anrede,

lassen Sie mich am Ende meiner Ausführungen noch einmal an den Anfang zurückkehren.

Das Corona-Virus werden wir nicht allein mit politischen oder ordnungsrechtlichen Mitteln bekämpfen können. In diesem Fall gilt etwas ganz besonders, was für unsere Demokratie auch sonst fundamental ist: Wir brauchen dringend und unabdingbar die Mitwirkung und die Mitverantwortung der Gesellschaft, der Bürgerinnen und Bürger selbst. Das haben die letzten Wochen eindrucksvoll bewiesen und dieses Engagement brauchen wir auch ganz sicher in den nächsten Wochen und Monaten.

Mich erinnert die Situation in gewisser Weise an unsere Erfahrungen vor viereinhalb Jahren im Zusammenhang mit der großen Zahl der zu uns kommenden Flüchtlinge. Damals gab es für lange Zeit diese Bereitschaft und damals gab es auch die erklärte Bereitschaft vieler gesellschaftlicher Institutionen, in enger Abstimmung mit dem Staat und der Politik für die richtige Haltung zu werben. Damals hieß das Stichwort „Weltoffenheit“ und es fand seinen Ausdruck in dem bundesweit einmaligen Bündnis „Niedersachsen packt an“.

Diesmal geht es um Zusammenhalt und unsere Verantwortung für einander. Es geht um ein Risiko für unsere persönliche Gesundheit, aber auch die der anderen. Es geht um Solidarität und Unterstützung von Menschen, die wir vielleicht gar nicht kennen, aber die unser Engagement brauchen. Es geht darum, dass wir alle, jede und jeder von uns, unseren Beitrag leisten. Und dass wir dabei niemanden zurücklassen.

Und es gibt eine weitere Parallele: Wieder haben die beiden christlichen Volkskirchen, die Unternehmerverbände und die Gewerkschaften die Politik zu einem gemeinsamen Vorgehen eingeladen, um dieses Ziel zu erreichen. Und wieder ist das genau der richtige Schritt zur richtigen Zeit. „Niedersachsen hält zusammen“ wird die Initiative heißen und die Landesregierung wird sich dafür sehr gerne engagieren. Herzlichen Dank für diese Initiative!

Anrede,

darum geht es jetzt: Wir müssen Abstand halten und wir müssen zusammenhalten. Das ist der Schlüssel für den Erfolg. Meine herzliche Bitte an uns alle lautet: Leisten wir alle, jede und jeder von uns dazu unseren Beitrag. Dann werden wir auch Corona gemeinsam meistern!

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!

 

 

 

 
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