Überlastung der Notunterkünfte und Erstaufnahmeeinrichtungen:
Niedersächsische Kommunen sollen Innenminister Pistorius bei der Flüchtlingsunterbringung unter die Arme greifen

Mittwoch 14. Oktober 2015 - Hannover (wbn). Die Flüchtlingskrise spitzt sich auch in Niedersachsen weiter zu. Die Kapazitäten der Notunterkünfte und Erstaufnahmeeinrichtungen sind erschöpft – gleichzeitig strömen jedoch täglich mehr als 1.000 neue Flüchtlinge ins Land. Um den Anforderungen gerecht zu werden und die Hilfesuchenden vor Obdachlosigkeit zu schützen, nimmt Innenminister Boris Pistorius (SPD) jetzt die Kommunen in die Pflicht.

„Bereits am kommenden Freitag werden die ersten Flüchtlinge von den Kommunen in Amtshilfe für das Land aufgenommen werden müssen“, heißt es in einer Mitteilung des Ministeriums. Bedeutet konkret: Es gibt einen Verteilschlüssel, der zunächst die Landkreise ins Auge fasst, in denen es keine Notunterkünfte oder Erstaufnahmeeinrichtungen gibt. Auch der Bevölkerungsanteil am Land soll eine Rolle spielen. Aber: „Alle niedersächsischen Kommunen werden dabei in Anspruch genommen werden müssen.“

 

 

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Pro Tag sollen rund 1.000 Asylsuchende auf die Kommunen verteilt werden. Menschen, die entweder direkt nach Niedersachsen gekommen oder aus Bayern weitergeschickt worden sind. „Pro betroffener Gebietskörperschaft“, so heißt es, bewege sich die Zahl der Flüchtlinge bei 100 bis 200.

Innenminister spricht von historischer Situation

Pistorius: „Wir sind an einem Punkt, an dem wir trotz der intensiven Suche und schnellen Prüfung von Dutzenden Liegenschaften und Geländen und der Schaffung von bislang 18.000 Plätzen in Notunterkünften seit Anfang September diesen Schritt gehen müssen. Wir müssen jetzt auch auf diesem Weg die Ressourcen der Kommunen in Anspruch nehmen. Wir wissen, dass sie dafür auch anderweitig benötigte Gebäude nutzen müssen, aber es gibt keine andere Möglichkeit, das ist eine historische Situation, der wir uns alle, Land und Kommunen, gemeinsam stellen müssen. Dieser Schritt ist alternativlos angesichts Zehntausender Menschen, die alleine seit Anfang September nach Niedersachsen gekommen sind und weiterhin mit steigender Tendenz zu uns kommen werden. Wir haben vielen Kommunen und auch den Spitzenverbänden in den vergangenen Tagen und Wochen deutlich signalisiert, dass wir ihre Kapazitäten möglicherweise kurzfristig in Anspruch nehmen müssen, von daher trifft sie dieser Schritt nicht völlig unvorbereitet. Natürlich werden wir von dieser Maßnahme nur so lange Gebrauch machen wie unbedingt nötig. Das zeigt, in welcher Situation wir uns gerade befinden.“

Land will Kommunen mit „Verwaltungsvereinbarung“ entgegenkommen

Nach Angaben des Innenministers könne die Maßnahme der Amtshilfe auch durch freiwillige Verwaltungsvereinbarungen zwischen Land und Kommune ersetzt werden, die den Kommunen einen deutlich größeren Spielraum bei der Gestaltung der Aufnahme geben. Dazu werde aktuell eine Mustervereinbarung mit den Kommunalen Spitzenverbänden abgestimmt, die spätestens mit dem Beginn der Flüchtlingsaufnahme am Freitag unterschriftsreif sein soll, so Pistorius. Weiterhin werde für die Kommunen eine Hotline im Innenministerium eingerichtet, an die sich die Mitarbeiter und Verwaltungsspitzen in den Kommunen jederzeit wenden können.

Pistorius zieht Vergleich zur Wiedervereinigung vor 25 Jahren

In seinem Schreiben an die Kommunalen Spitzenverbände und ihre Mitgliedskommunen hat Pistorius erneut die „historische Situation“ hervorgehoben, die in der jüngeren Geschichte des Landes Niedersachsens nur mit der deutschen Einheit vor 25 Jahren zu vergleichen sei: „Ich bitte Sie hiermit und bei diesem besonderen Schritt um Ihre Solidarität und Zusammenarbeit, um diese gemeinsame Aufgabe zu schultern. Wir müssen in diesen Zeiten Brücken schlagen und dürfen uns nicht im Klein-Klein verheddern. Der Landtag hat gestern mit dem parteiübergreifend beschlossenen Nachtragshaushalt einen wichtigen Schritt in diese Richtung gemacht. Dafür danke ich allen Mitgliedern des Hohen Hauses ganz besonders. Auch die Kommunen arbeiten seit Wochen Hand in Hand mit dem Land und den Hilfsorganisationen an der Bewältigung dieser Krise. Das macht mich stolz und gleichzeitig zuversichtlich, gut gerüstet zu sein für die bevorstehende Zeit.“

Prognosen von der Wirklichkeit überholt

Hintergrund: Seit Ende August wurden in Niedersachsen etwa 18.000 Plätze in Notunterkünften eingerichtet, die derzeit, wenn noch nötig, winterfest gemacht werden. Weiterhin ist in diesem Jahr die Einrichtung mindestens 14.000 weiterer Plätze geplant. Das Bundesinnenministerium hatte Anfang des Jahres 250.000 Flüchtlinge für Deutschland prognostiziert, im August war bereits von 800.000 Menschen die Rede. Laut Einschätzungen des Niedersächsischen Innenministeriums dürfte auch diese Prognose inzwischen von der Wirklichkeit überholt worden sein.

Pistorius: „Ich gehe von mindestens 100.000 Flüchtlingen in diesem Jahr in Niedersachsen aus, wahrscheinlich reicht nicht einmal das. Diese Zahlen bringen uns insbesondere in ihrer Geschwindigkeit über unsere Belastungsgrenze hinaus. Wir tun alles, wir prüfen jede mögliche Liegenschaft, jede Kaserne, jedes leerstehende Krankenhaus oder Bürogebäude. Wir haben schon früher als andere Länder eine Großzahl winterfester Schnellbauhäuser gekauft, die mobile Registrierung der Flüchtlinge läuft unter Hochdruck. Was weiterhin nicht funktioniert, ist die Bearbeitung der Asylanträge durch den Bund, hier muss etwas passieren, denn insbesondere durch die fehlende Bearbeitung dieser Anträge werden wir gnadenlos ausgebremst und die Systeme bleiben verstopft. Hier muss sich endlich etwas ändern! Das Letzte, was wir wollen können, sind Flüchtlinge, die im tiefsten Winter keine andere Wahl haben, als obdachlos durch Deutschland zu vagabundieren, das müssen wir mit allen Mitteln verhindern!“

 
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