Regierungserklärung im Niedersächsischen Landtag - und die Reaktion der Landtagsfraktionen:

Trotz Abgasskandal bei VW und Flüchtlingszustrom in Niedersachsen: Weil verweist auf Beschäftigungsrekord und zeigt sich guter Dinge

Mittwoch 17. August 2016 - Hannover (wbn). In bestem „Wir schaffen das“-Sound hat Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) heute im niedersächsischen Landtag in Hannover seine halbstündige Regierungserklärung abgegeben.

Und die Bilanz ist aus seiner Sicht beeindruckend: Die Wirtschaft könne Beschäftigungsrekorde vermelden. Und das trotz VW-Abgasskandal und den Herausforderungen durch die Flüchtlingsintegration. Zudem sieht er die Personalausstattung der Polizei in Niedersachsen so hoch wie noch nie. Oppositions-Widersacher CDU-Fraktionschef Björn Thümler sieht das naturgemäß ganz anders. „Sie lassen die Polizeikräfte im Regen stehen“, kontert er in seiner Erwiderung. Das neue Polizeigesetz beschneide die Befugnisse der Sicherheitskräfte. Der Vorsitzende der FDP-Fraktion, Christian Dürr, kritisiert das heute von Ministerpräsident Weil gezeichnete Bild seiner Regierungserfolge scharf. „Bei unserem Ministerpräsidenten drohen eigene Wahrnehmung und Realität immer weiter auseinanderzufallen. Kaum etwas vom dem, was er heute in seiner Regierungserklärung als Erfolg der rot-grünen Landesregierung verkaufen wollte, fällt überhaupt in seine Verantwortung. Er belegt die solide Haushaltspolitik des Landes mit einer Studie, die Niedersachsen auf Platz zwei bei nachhaltiger Finanzpolitik sieht. Offenbar hat er aber nicht richtig gelesen, denn die Ergebnisse der Studie beziehen sich auf Zahlen bis 2013 – sie betrachtet also die Amtszeit der schwarz-gelben Koalition“, so Dürr

(Zum Bild: So regnerisch wie hier beim Wahlkampftermin vor drei Jahren in Hameln geht es am Landtag in Hannover derzeit nicht zu. In seiner Regierungserklärung macht Ministerpräsident Stephan Weil auf Schönwetter. Archivfoto: wbn)

 

Fortsetzung von Seite 1

Hinweis: Die Weserbergland-Nachrichten.de werden nachstehend die Regierungserklärung des Niedersächsischen Ministerpräsidenten in der schriftlich vorliegenden Fassung dokumentieren. Es folgen sodann im Wortlaut die Reaktionen der einzelnen Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP.

Sicherheit durch innere Stärke

 

Ministerpräsident Weil: Unser Land befindet sich auf einem bemerkenswert guten Kurs, Niedersachsen ist stark und Niedersachsen geht voran

- Regierungserklärung vor dem Niedersächsischen Landtag am 17. August 2016 -

(Es gilt das gesprochene Wort!)

Anrede,

ich hoffe, Sie alle hatten eine erholsame Zeit. Aber wahrscheinlich ist es vielen von Ihnen so gegangen wie mir: Eine ganze Kette von beunruhigenden Nachrichten und Ereignissen hat sich in den letzten Wochen wie ein Schatten über die letzten Monate gelegt.

Lassen Sie mich gerade vor diesem Hintergrund noch einmal in aller Kürze die Entwicklung der letzten 12 Monate Revue passieren: Vor genau einem Jahr im August 2015, da befanden wir uns gewissermaßen in der Ruhe vor dem Sturm. Die Flüchtlingszahlen stiegen zwar an und das Elend der Menschen vor allem im mittleren Osten rührte viele von uns an, aber wohl niemand hätte es noch zu diesem Zeitpunkt für möglich gehalten, dass wir ab Mitte September täglich viele 1000 Menschen als Flüchtlinge bei uns aufnehmen würden. Seit dem Jahresanfang erleben wir in dieser Hinsicht zwar eine Beruhigung, aber wir alle wissen, wie sehr unsere Gesellschaft dadurch durchgeschüttelt worden ist. Obendrein hat der islamistische Terror zunehmend Europa ins Visier genommen und Angst und Schrecken verbreitet. Viele Opfer sind zu beklagen und auch das hat seine Spuren in unserer Gesellschaft hinterlassen.

In Niedersachsen sind wir außerdem seit etwa 11 Monaten mit der VW-Krise befasst. Die jahrelange Manipulation von Abgaswerten hat den Konzern in die wohl schwierigste Situation seiner Unternehmensgeschichte gebracht, und das hat aus verständlichen Gründen viele Menschen in Niedersachsen beunruhigt.

Und wo stehen wir heute? Um mit dem letzteren zu beginnen: Die Bewältigung der VW-Krise geht erkennbar Schritt für Schritt voran. Das gilt für die Aufklärung des Sachverhalts, das gilt für umfangreiche Rückrufaktionen und die Korrektur unzulässiger Abgaswerte, das gilt auch für die Bußen und Prozesse, denen sich Volkswagen wegen dieses Fehlverhaltens nun einmal stellen muss. Ich mache mir keine Illusionen: Nachrichten über Ermittlungen und Verfahren werden noch geraume Zeit für Aufsehen sorgen, auch das ist die leider unvermeidliche Konsequenz bei einem Skandal dieses Ausmaßes. Aber dennoch: Die Fortschritte in der Aufarbeitung sind unverkennbar und vor allem haben Millionen von Kunden erfreulicherweise weltweit Volkswagen die Treue gehalten. Das ist eine ganz wichtige Erkenntnis für die Arbeitsplätze bei uns in Niedersachsen und dafür bin ich dankbar.

In Atem hält uns auch die Bewältigung dessen, was wir seit dem September 2015 bei der Zuwanderung von Flüchtlingen erlebt haben. Ja, durch eine große Welle der Hilfsbereitschaft und eine sehr intensive Zusammenarbeit aller Beteiligten ist es gelungen, die Lage vergleichsweise schnell in den Griff zu kriegen und am Ende des Jahres etwa 100.000 Menschen in Niedersachsen ein Dach über dem Kopf zu geben. Und ja, diese Hilfsbereitschaft und diese gute Zusammenarbeit halten bis heute an - ich bin vor allem nach wie vor tief dankbar für das Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger, die nicht nachlassen in ihrer Solidarität.

Zugleich wissen wir aber, dass es in unserer Gesellschaft eine weit verbreitete Unsicherheit gibt. Die Bundeskanzlerin hat kürzlich wiederholt „wir schaffen das". Aber viele Menschen fragen berechtigterweise: Wie schaffen wir das denn? Diese Unsicherheit bedeutet gleichzeitig auch Auftrieb für Rechtspopulisten, die zwar keine einzige Lösung im Angebot haben, aber dafür gezielt Unmut und Angst schüren.

Anrede,

diese Beschreibung deckt aber nur einen Teil der Realität ab. Noch wichtiger ist eine andere: Niedersachsen ist stark - womöglich so stark wie nie zuvor. Die niedersächsische Wirtschaft präsentiert sich sehr robust und wächst unverändert, die Prognosen sind durchaus optimistisch. Wir verzeichnen einen Beschäftigungsrekord. Noch nie hatten so viele Menschen in Niedersachsen einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz, wie derzeit. Alleine in den letzten Jahren sind etwa 450.000 Arbeitsplätze zusätzlich in Niedersachsen entstanden. Umgekehrt ist die Arbeitslosigkeit entscheidend zurückgegangen, um mehr als 39 %! Das ist eine Entwicklung, für die wir nur dankbar sein können!

Lassen Sie mich ein weiteres Beispiel erwähnen: Die Landesregierung schlägt dem Landtag vor, ab dem Jahr 2018 die Schuldenbremse vorzeitig zu erfüllen und keine neuen Schulden mehr zu machen. Das hat es buchstäblich in der gesamten Geschichte des Landes Niedersachsen noch nicht gegeben. Dabei handelt es sich auch nicht etwa um eine Eintagsfliege: Erst jüngst ist eine vergleichende Untersuchung zwischen den Ländern zu dem Ergebnis gelangt, in Sachen nachhaltiger Finanzpolitik steht Niedersachsen auf Platz 2. Das wäre doch früher gar nicht denkbar gewesen und zeigt die gesunde Entwicklung unseres gesamten Landes.

Dazu kommt auch ein Aspekt, der langfristig für mich höchste Bedeutung hat: Seit drei Jahren gibt es wieder mehr Geburten als Sterbefälle in Niedersachsen. Wir wissen alle, dass der demografische Wandel für uns eine große Herausforderung ist. Es zeigt sich aber, dass immer mehr junge Menschen in unserem Land Vertrauen in ein gutes Leben haben - für sich selbst und für ihre Kinder.

Und schließlich - ich will mich beschränken - gestatten Sie auch den Hinweis darauf, das bei den regelmäßigen Umfragen über die Zufriedenheit der Menschen in Deutschland die Werte für uns in Niedersachsen deutlich überdurchschnittlich sind, umgekehrt einem kürzlich vorgestellten Angstatlas zufolge die Menschen in Niedersachsen sehr viel weniger Angst und Unsicherheit verspüren, als anderswo.

Das sind alles deutliche Hinweise. Unser Land befindet sich auf einem bemerkenswert guten Kurs, Niedersachsen ist stark und Niedersachsen geht voran. So wollen wir es weiter halten!

Anrede,

wie passen diese beiden Seiten der Medaille nun zusammen? Aufgabe der Landespolitik ist es, mit ihren Möglichkeiten Vertrauen und Sicherheit zu vermitteln. Wir müssen bestehende Aufgaben klar beim Namen nennen und wir müssen sie konsequent bearbeiten - das gilt für die aktuellen ebenso wie für die dauerhaften Herausforderungen. Aber wir können dabei vor allem auch selbstbewusst vertrauen auf die Stärke unseres Landes und des Gemeinwesens in Niedersachsen.

 

Anrede,

nehmen Sie das Beispiel der Sicherheitspolitik. Dass mit dem internationalen Terrorismus eine abstrakte Gefahr auch bei uns in Niedersachsen verbunden ist, wissen wir alle miteinander. Ich erinnere mich noch allzu gut an die Absage des Fußballländerspiels in Hannover im November des letzten Jahres - damals wurde eine abstrakte Gefahr auf einen Schlag sehr konkret und wir waren am Ende sehr froh, einem Anschlag entgangen zu sein.

An diesem Abend - wie bei manch anderer Gelegenheit - haben wir die Erfahrung gemacht, dass unsere Sicherheitsbehörden höchst aufmerksam sind, wenn es um die Abwehr des islamistischen Terrorismus geht. Ich habe volles Vertrauen in ihre Arbeit und ich danke allen Beteiligten herzlich für ihr verantwortungsvolles und umsichtiges Wirken!

Die Landesregierung ist sich der Bedeutung dieser Aufgabe sehr bewusst und stärkt die Arbeit von Polizei und Verfassungsschutz in Niedersachsen.

Die Stellenausstattung für unsere Landespolizei ist aktuell so hoch wie nie zuvor in der fast 70jährigen Landesgeschichte. Bereits mit dem 2. Nachtragshaushalt 2015 hat die Landesregierung für eine sofort wirkende Verstärkung der Polizei gesorgt. Durch 85 zusätzliche Stellen für Verwaltungspersonal konnten Polizeikräfte von vollzugsfremden Aufgaben entlastet und für originäre Aufgaben eingesetzt werden. Mit weiteren 50 Stellen für Vollzugspersonal haben wir die Möglichkeit geschaffen, auch kurzfristig über den gesetzlichen Ruhestand hinaus im Dienst zu verbleiben. Außerdem stellen wir in den Jahren 2016 bis 2018 insgesamt 450 Anwärterinnen und Anwärter zusätzlich ein, jedes Jahr 150. Insgesamt umfasst die Personalverstärkung damit 585 zusätzliche Stellen.

Interessant ist auch folgende Zahl. Wir haben schon jetzt 2.200 Studierende in der Ausbildung, im Herbst werden es dann 2.500 sein und im kommenden Jahr werden wir in Richtung 3.000 gehen. Zum Vergleich: 2012 waren es nur 1.700. Das zeigt: Wir stärken und verstärken unsere Polizei in Niedersachsen, damit es bei uns sicher bleibt!

Die niedersächsische Polizei hat die klare und deutliche Unterstützung der Landesregierung für ihre wichtige Arbeit!

So gut unsere Polizei auch sein mag, sie kann nicht die Ursachen etwa des Islamismus bekämpfen. Damit alle Ansätze für die Prävention vor allem bei jungen Menschen für die Bekämpfung des Extremismus genutzt werden, ist im Niedersächsischen Innenministerium nunmehr die Kompetenzstelle Islamismus-Prävention eingerichtet worden. Alle Erkenntnisse und Erfahrungen sollen dort zur Verfügung stehen, wo sie auch tatsächlich benötigt werden.

Im Lichte der aktuellen Entwicklung hat es sich auch als sehr richtig erwiesen, dass die Landesregierung gemeinsam mit den islamischen Verbänden eine Beratungsstelle eingerichtet hat, die vor allem junge Menschen vor der extremistischen Versuchung schützen will. Darauf lege ich Wert, meine Damen und Herren: Bekämpfung von Extremismus ist mehr als die Arbeit von Polizei und Verfassungsschutz, das ist am Ende auch eine gesellschaftspolitische Aufgabe, für die wir Partner brauchen!

Wenn wir nicht aufpassen, bekommen wir sonst ein neues Gegeneinander in unserer politischen Debatte: Die einen, die unsere Gesellschaft zusammenhalten, gegen die anderen, die spalten. Deswegen ist zum Beispiel die Forderung aus den Reihen der Union, doppelte Staatsbürgerschaften bei Deutsch-Türken abzuschaffen, höchst schädlich. Die Landesregierung jedenfalls wird sich allen solchen Versuchen energisch widersetzen.

Die Terrorakte in diesem Sommer sind übrigens nicht allein solche von Islamisten gewesen. Der Amoklauf von München hat den bisherigen Erkenntnissen zu Folge womöglich einen eher rechtsextremistischen Hintergrund. In Niedersachsen verzeichnen wir eine deutliche Zunahme bei den Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte. Ich nehme diese Bedrohung ebenfalls sehr ernst - islamistische Gewalt und islamfeindliche Gewalt müssen wir gleichermaßen scharf verurteilen und mit aller Entschiedenheit bekämpfen! Dasselbe gilt übrigens auch für die gestiegene Gewaltbereitschaft von Linksextremisten.

Auch diese Aufgabe geht über polizeiliche Aktivitäten hinaus. Deswegen hat die Landesregierung ein Programm gegen Rechtsextremismus, für Demokratie und Menschenrechte verabschiedet. Politische Bildung ist heute wichtiger denn je. Die Abschaffung der Landeszentrale für politische Bildung war ein Fehler, deswegen werden wir die Landeszentrale für politische Bildung noch in diesem Jahr wieder neu eröffnen!

Anrede,

Sicherheit ist enorm wichtig, Sicherheit ist aber viel mehr als nur innere Sicherheit. Sicherheit vermittelt die Gewissheit, dass sich ein Gemeinwesen um seine Mitglieder kümmert, dass ein Gemeinwesen dazu auch im Stande ist. Deswegen ist etwa Wohnungsbaupolitik von zentraler Bedeutung. Wir werden den Bau von schätzungsweise über 10.000 Wohnungen mit öffentlicher Förderung möglich machen und damit preiswerten Wohnraum schaffen. Ein ganz wichtiger Schritt für sozialen Ausgleich in vielen Städten und Gemeinden und für das Sicherheitsgefühl vieler Menschen.

Ein intaktes Gemeinwesen, dazu gehören zum Beispiel auch intakte Krankenhäuser. Die Landesregierung will gemeinsam mit den Kommunen ein Programm zur Sanierung von Krankenhäusern mit einem Volumen von 1,3 Mrd. Euro auflegen. Damit werden wir in wenigen Jahren Maßnahmen nachholen, die schon viele Jahre auf die Realisierung warten.

Und last but not least: Ein intaktes Gemeinwesen, das setzt vor allem auch handlungsfähige Kommunen voraus, die auf die Bedürfnisse ihrer örtlichen Gemeinschaft eingehen können. In unserem Nachtragshaushalt haben wir Ihnen dazu einen weitreichenden Vorschlag gemacht. Wir wollen die niedersächsischen Kommunen damit noch in diesem Jahr um zusätzlich 630 Mio. Euro entlasten, wir werden die Bemessungsgrundlage der Kostenerstattung für die Flüchtlingsunterbringung deutlich vorziehen und den Erstattungsbetrag erhöhen. Insgesamt sind es dann über 1 Mrd. Euro. Das ist unser Beitrag, damit die niedersächsischen Kommunen ihre Aufgaben auch tatsächlich erfüllen können.

Noch vor der Sommerpause haben wir in Berlin nach schwierigen Verhandlungen eine entscheidende Entlastung der Kommunen zwischen Bund und Ländern vereinbaren können. Der Bund wird die Kosten der Unterkunft für Flüchtlinge übernehmen. Und er wird die Kommunen in Höhe von 5 Mrd. Euro entlasten. Was heißt das für uns in Niedersachsen? Die strukturelle Entlastung für unsere Städte, Gemeinden und Landkreise dürfte sich auf über 600 Mio. Euro jährlich belaufen und das ist wirklich ein kräftiger Schluck aus der Pulle. Das freut mich für die Kommunen, vor allem aber auch für die Menschen, die aktiv unsere kommunale Demokratie tragen. Und übrigens: Diese Menschen, die ehrenamtlichen Kommunalpolitikerinnen und -politiker, haben auch am 11. September eine hohe Beteiligung bei den Kommunalwahlen verdient.

Es ist ein gutes Zeichen, dass Bund und Länder gemeinsam ihre Verantwortung für die kommunale Ebene wahrnehmen. Es ist eben gerade nicht so, wie manchmal befürchtet wird, jetzt werde nur noch Politik für Flüchtlinge gemacht. Im Gegenteil: Was wir tun, das dient der ganzen Gesellschaft, jedem einzelnen Bürger, jeder einzelnen Bürgerin. Das meine ich damit, wenn ich sage, der Staat muss gerade in diesen Zeiten Vertrauen und Sicherheit vermitteln!

Das gilt auch für die Aufgabe der Integration. Integration ist nicht eine Politik für Flüchtlinge, sondern für unsere ganze Gesellschaft. Wir alle wissen, welcher soziale Sprengstoff entstehen kann, wenn das Zusammenwachsen misslingt. Einfach ist das ganz gewiss nicht zu bewältigen. Notwendig ist ein Kraftakt, damit aus Zuwanderern Nachbarn werden.

Ich sage es ganz deutlich: Der Bund macht sich nach wie vor nur eher halbherzig an diese große Aufgabe. Es fehlt an einer systematischen Zusammenarbeit mit den vielen Partnern in unserer Gesellschaft, es fehlt an einem klaren System der Integration.

In Niedersachsen stellen wir uns dieser Aufgabe und damit meine ich nicht etwa nur die Politik, sondern große Teile der Gesellschaft. Der niedersächsische Weg ist gekennzeichnet durch unser Bündnis „Niedersachsen packt an", dem sich inzwischen beinahe alle relevanten Institutionen und Verbände angeschlossen haben. Wir setzen auf eine enge Zusammenarbeit und auf abgestimmte Konzepte.

Eines haben die bisherigen Integrationskonferenzen zum Thema Sprache und Arbeitsmarkt sehr klar ergeben: Wir brauchen gut abgestimmte Förderketten und am Anfang dieser Ketten muss eine gute Sprachförderung stehen. Deswegen hat für uns das Thema Sprachförderung höchste Priorität. Das ist nun einmal die Voraussetzung für Integration, da beißt die Maus keinen Faden ab. Was wir an dieser Stelle versäumen, macht alle nachfolgenden Maßnahmen unendlich viel schwerer.

An unseren Schulen läuft die Sprachförderung auf Hochtouren. Über 35.000 Schülerinnen und Schüler zusätzlich befinden sich derzeit in unterschiedlichen Maßnahmen der Sprachförderung - eine gewaltige Zahl! Das Kultusministerium hat dafür einen sehr vielfältigen Instrumentenkasten zur Verfügung gestellt, aber vor allem ist das Engagement der Lehrerinnen und Lehrer in dieser Hinsicht beispielhaft. Herzlichen Dank dafür.

Natürlich ist es eine enorme Belastung für das gesamte System, wenn so viele Schülerinnen und Schüler schlagartig neu hinzukommen und sie obendrein eher einen größeren Förderbedarf haben. Vor diesem Hintergrund ist die Unterrichtsversorgung in Niedersachsen nach den Planungen des Kultusministeriums durchaus ansehnlich und wir werden in den nächsten beiden Schuljahren noch einmal alle Möglichkeiten nutzen, Lehrkräfte einzustellen. Es stehen Mittel für mehr als 2.000 weitere Lehrkräfte zur Verfügung - ein klares Signal an alle Beteiligten!

Dasselbe geschieht bei der frühkindlichen Förderung. Wir werden in den nächsten beiden Jahren zusätzlich insgesamt 120 Mio. Euro den Kommunen zur Verfügung stellen, damit vor Ort die Sprachförderung und Integration in den Kindertagesstätten intensiviert werden kann.

Eine große Herausforderung ist die Sprachförderung für Erwachsene. Nach wie vor sind wir von einem klaren, einheitlichen und effizienten System auf der Bundesebene weit entfernt. Ich will ausdrücklich würdigen, dass der Bund seine Integrationskurse unter der Regie des BAMF ausweitet. Er hält allerdings leider immer noch an der Unterscheidung zwischen einer rechtlich guten Bleibeperspektive und einer rechtlich nicht so guten Bleibeperspektive fest. Alle Praktiker wissen, das hilft nicht weiter. Hinzu kommt, dass es derzeit noch keine bedarfsgerechte Steuerung dieser Angebote gibt und auch keine Koordinierung mit ergänzenden Angeboten durch die Bundesagentur für Arbeit.

So kann Integration nicht funktionieren! In Niedersachsen halten wir an dem Ziel fest, aufeinander abgestimmte Bildungsketten zu installieren. Am Anfang muss ein einheitliches Modul für alle stehen mit Sprachförderung, Wertevermittlung und Kompetenzfeststellung. Das ist der Vorschlag, den wir gemeinsam im Bündnis „Niedersachsen packt an" entwickelt haben.

Jetzt geschieht bei uns zweierlei: Wir verdoppeln noch einmal die Mittel für die Sprachförderung durch Landeskurse, so dass wir rd. 30.000 Menschen jährlich erreichen werden. Und wir organisieren in den Regionen mit den wesentlichen Akteuren die nächsten Förderschritte, mit den Kommunen, mit der Bundesagentur für Arbeit und dem BAMF. Vor Ort kennen sich die Akteure, vor Ort kennt man am besten den Bedarf, dort findet die Integration tatsächlich statt.

Alles in allem sind wir in Niedersachsen auf einem guten Weg. Wir haben in einer gemeinsamen Kraftanstrengung von vielen Beteiligten die Aufnahme sehr vieler Menschen in sehr kurzer Zeit bewältigen können. Und wir setzen diese enge Zusammenarbeit fort bei der schwierigen Arbeit der Integration. Ich bin sehr dankbar für diese bisherigen Erfahrungen, ich bin deswegen auch zuversichtlich, dass wir diese große Aufgabe gemeinsam lösen können.

Anrede,

in diesem Zusammenhang ist ganz sicher auch ein Wort zu dem seit schon vielen Jahren, übrigens auch schon von den vorangegangenen Landesregierungen, betriebenen Vorhaben geboten, eine Vereinbarung mit den islamischen Verbänden in Niedersachsen zu schließen.

Wir haben einen eigentümlichen Zwischenstand: Nach den letzten Gesprächen vor der Sommerpause, die übrigens in einer sehr konstruktiven Atmosphäre verlaufen sind, gibt es einen überarbeiteten Vertragsentwurf. Dieser Entwurf ist gemeinsam erarbeitet worden - von den vier Landtagsfraktionen, von der Landesregierung und den islamischen Verbänden. Gegen diesen Entwurf gibt es inhaltlich, soweit ich es überblicken kann, keine relevanten Bedenken mehr. Das ist nun wirklich ein entscheidender Fortschritt, den wir miteinander erzielt haben. Herzlichen Dank dafür!

Über den Sommer hinweg hat sich nunmehr ein anderes Thema zugespitzt. In der Beurteilung der politischen Entwicklung in der Türkei sind wir uns sicher alle einig. Demokratisch gewählte Regierungen dürfen nicht durch das Militär weggeputscht werden. Richtig ist aber auch: Als Folge eines niedergeschlagenen Militärputsches demokratische und rechtsstaatliche Errungenschaften einzuschränken, muss auf energischen Protest stoßen. Ich betrachte die derzeitigen Säuberungswellen in der Türkei mit großer Sorge und ich hoffe sehr, dass es gelingen wird, die Widersprüche in diesem großartigen Land auf eine demokratische und rechtstaatliche Weise zum Ausgleich zu bringen.

Als Folge dessen gibt es nun etliche Stimmen, die die in Aussicht genommenen Vertragspartner unserer Vereinbarung in Zweifel ziehen. Insbesondere hat die Fraktion der CDU erklärt, für weitere Gespräche über den Vertrag nicht mehr zur Verfügung zu stehen.

Ich bedauere diesen Sinneswandel ausdrücklich. Gespräche abzubrechen kann eigentlich niemals zu einer Verbesserung führen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Insbesondere wenn es sich um Verbände handelt, mit denen sie selbst in vielen Jahren eng zusammengearbeitet haben und mit denen sie etliche Vereinbarungen getroffen haben. Gerade in schwierigen Situationen muss man mehr miteinander reden und nicht weniger.

Die Landesregierung hält daran fest: Wir wollen zu geregelten Beziehungen zwischen dem Staat in Niedersachsen und den Muslimen gelangen. Wir wollen insbesondere eine gemeinsame Partnerschaft gegen islamistischen Extremismus und gegen Islamfeindlichkeit. Wir wollen Beiträge dafür leisten, dass unsere Gesellschaft zusammenbleibt und gemeinsam erfolgreich nach vorne gehen kann.

Ich bin dankbar dafür, dass dieses Vorhaben unverändert Unterstützung findet, insbesondere dass drei von vier Landtagsfraktionen ebenfalls an dem Vorhaben festhalten. Das ist eine gute Grundlage für die weiteren Gespräche.

Dabei will niemand von uns mit dem Kopf durch die Wand. Es hat sich bislang gelohnt, geduldig miteinander zu sprechen und auch die notwendigen öffentlichen Diskussionen zu führen. Daran wollen wir festhalten. Wir werden in den nächsten Monaten Gespräche im Bereich der Politik, aber auch im gesellschaftlichen Raum zu führen haben. Wir werden weiter geduldig werben für ein Vorhaben, das wir nicht von aktuellen Entwicklungen abhängig machen dürfen. Und ich füge ausdrücklich hinzu: Auch die Kolleginnen und Kollegen der CDU sind herzlich eingeladen, sich daran zu beteiligen.

Anrede,

ich denke, es ist klargeworden: Die aktuellen Herausforderungen nehmen wir in Niedersachsen engagiert an. Ich habe Ihnen dabei ja nur einen relativ kleinen Ausschnitt dargestellt. Die Entwürfe des Nachtragshaushalts 2016 und des Doppelhaushalts 2017 /18, der im September eingebracht werden wird, enthalten viele weitere Beispiele. Wir stärken die Investitionen, wir investieren in Bildung und Integration, wir modernisieren unser Land und wir treiben energisch die nachhaltige Entwicklung unseres Landes voran. Das alles geschieht auf der Basis einer äußerst soliden Finanzpolitik, die uns zu dem ersten Haushalt in der Landesgeschichte ohne neue Schulden führen wird. Das ist unser Weg für Niedersachsen!

Ich bin sicher: Das ist gleichzeitig auch der Weg, der den Menschen in Niedersachsen Vertrauen und Sicherheit vermittelt. Vertrauen und Sicherheit in der Gegenwart, Vertrauen und Sicherheit aber auch bezogen auf eine gute Zukunft. Für dieses Ziel arbeiten wir hart und wissen uns dabei mit der Mehrheit des Landtages in völligem Einvernehmen.

Anrede,

in wenigen Wochen werden wir in Niedersachsen ein Jubiläum feiern können. Der 70-gste Jahrestag der Gründung unseres Landes Niedersachsen steht an. Ich habe den Eindruck, der Jubilar befindet sich in einer bemerkenswert guten Verfassung. Niedersachsen ist stark, Niedersachsen hat Zukunft und Niedersachsen steht zusammen.

Es ist klar, vor uns stehen nicht wenige Herausforderungen. Aber ebenso klar ist für mich: Niedersachsen kommt gut voran, mit Optimismus und Tatkraft. Unser Kurs ist richtig.

 

Die Erwiderung von CDU-Fraktionschef Björn Thümler zu Weils Regierungserklärung: Viel Selbstgerechtigkeit - und wenig Selbstkritik!

"So viel Selbstgerechtigkeit und so wenig Selbstkritik aus dem Munde eines Niedersächsischen Ministerpräsidenten gab es selten! So wenig Zukunftsperspektive und so wenig Orientierung waren in Ihren Ausführungen, dass man die Sinnhaftigkeit dieser Unterrichtung ernsthaft anzweifeln muss!

Frei nach dem Motto: Die Welt um uns herum mag sich grundlegend geändert haben. Die Zeiten mögen unruhiger geworden sein. Aber was interessiert uns schon die Welt drum herum!

Solche Reden, Herr Weil, können Sie vielleicht auf Wahlkreiskonferenzen der SPD halten. Mit der politischen Wirklichkeit in Niedersachsen hat das aber nichts zu tun! Man könnte als Fazit dieser Regierungserklärung auch sagen: Thema verfehlt. Und das beginnt schon bei der von Ihnen gewählten Überschrift „Sicherheit durch innere Stärke.“

Ich frage mich, Herr Weil:

An welcher Stelle hat Ihre Landesregierung in den letzten Monaten denn „innere Stärke“ demonstriert? Den Bereich der Inneren Sicherheit jedenfalls können Sie damit schwerlich gemeint haben!

Ein starker Staat garantiert einen wirksamen Schutz vor Kriminellen. Ein starker Staat verfolgt kriminelle Straftäter mit größter Entschlossenheit.

Was wir demgegenüber in Niedersachsen erleben, das ist eine Art von „Laissez-faire-Politik“, wo der Staat in letzter Konsequenz vor den Straftätern und Verfassungsfeinden kapituliert. Man kann es ja diesen Menschen auch nicht zumuten!

Kein demokratischer Staat kann hundertprozentige Sicherheit gewährleisten. Gleichwohl können wir durch bessere personelle und materielle Ausstattung der Polizei das Sicherheitsgefühl stärken. Wir können durch eine Stärkung der Sicherheitskräfte auch potentielle Täter abschrecken.

Durch entsprechende gesetzliche Instrumente kann man zudem die Handlungsfähigkeit von Polizei und auch Verfassungsschutz stärken. Sie aber tun in Niedersachsen genau das Gegenteil.

Wir werden heute Nachmittag den Entwurf eines Polizeigesetzes in erster Lesung beraten. Dieses Gesetz wird die Befugnisse der Polizei in vielen Punkten beschneiden. Es ist ein weiterer Misstrauensbeweis gegen die Polizeibeamtinnen und -Beamten!

Diese Gesetzesnovelle wirkt, wie es Klaus Wallbaum im „Rundblick“ zutreffend kommentiert hat, wie aus einer anderen Zeit. Und da sprechen Sie, Herr Weil, in Ihrer Regierungserklärung allen Ernstes von „innerer Stärke“?!

Seit Beginn Ihrer Regierungszeit wird die wichtige Arbeit von Polizei und Verfassungsschutz unnötig erschwert:

  • Einrichtung einer Beschwerdestelle,
  • wiederholte Forderungen nach einer Kennzeichnungspflicht für Polizisten,
  • Anträge der Koalitionsfraktionen mit Diskriminierungsvorwürfen gegen die Polizei usw.

Diese Misstrauenskultur gegenüber den Sicherheitsbehörden ist vor allem dem grünen Koalitionspartner geschuldet. Aber anstatt sich schützend vor seine Polizeibeamten zu stellen, schweigt der Innenminister immer wieder.

Und als ob das noch nicht genug wäre, sollen nach Vorstellung der Grünen Niedersachsens Polizisten künftig bei Demonstrationen nicht nur auf ihre Pferde und Hunde, sondern offenbar auch auf den Einsatz von Pfefferspray verzichten.

Deutlicher kann man die gute Arbeit der Polizei öffentlich kaum diskreditieren!

In der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ erschien gestern ein Besorgnis erregender Bericht über die eskalierende Gewalt zwischen Links- und Rechtsextremisten in Göttingen. Die Aktionen der linksextremen Szene werden von Monat zu Monat brutaler. Die Linksextremisten agieren immer hemmungsloser. Sie wissen ganz genau, dass ihnen der Rechtsstaat immer weniger entgegensetzt.

Daran etwas zu ändern, liegt auch in der Verantwortung der Landesregierung. Ich sehe vor allem die beiden Ressortminister für Polizei und Justiz in der Pflicht. Sie nehmen diese Verantwortung leider bis heute nicht wahr!

Und da reden Sie, Herr Weil, von „innerer Stärke“? Das muss der wachsenden Zahl besorgter Bürger in Göttingen wie blanker Hohn erscheinen!

Der Leiter der Göttinger Polizei hat in den letzten Wochen mehrfach öffentliche Hilferufe abgesetzt. Aber niemand von SPD und Grünen wollte ihm öffentlich beispringen. Auch nicht der Innenminister, der ansonsten an keinem Mikrofon vorbeigeht.

Wie Sie mit der politisch motivierten Gewalt in Göttingen umgehen, das ist ein Trauerspiel. Sie lassen die Polizeikräfte im Regen stehen. Und das linke Lager in Göttingen bis tief in die Grüne Jugend hinein empfindet dabei mehr als klammheimliche Freude!

Mit Verschweigen oder Kleinreden kommen wir hier nicht weiter. In Göttingen ist konsequentes Handeln gefordert. Ansonsten gibt sich der Rechtsstaat der Lächerlichkeit preis!

Die Zahl der Wohnungseinbrüche in Niedersachsen ist im letzten Jahr überdurchschnittlich gestiegen. Über 13 Prozent! Und was tut der Innenminister: Er empfiehlt allen Ernstes, dass Hausbesitzer sich am besten selbst gegen Einbrüche schützen könnten.

 

Herr Pistorius ist damit nur noch bedingt auf Parteilinie. Bislang hat die SPD nämlich stets propagiert, dass sich nur reiche Leute einen armen Staat leisten können! Ein weiteres Beispiel: In den letzten Jahren haben sich Wolfsburg und Hildesheim zu bundesweiten Hochburgen gewaltbereiter Islamisten entwickelt.

Die DITIB-Moschee in Wolfsburg etwa galt schon vor Jahren als Treffpunkt radikaler Salafisten. Nur kontrolliert wurde dieser Treffpunkt von den Sicherheitsbehörden nicht. Das war auch eine direkte Folge des von Rot-Grün verordneten Ermittlungsverbots im Umfeld von Moscheen.

Auch deshalb haben wir im Mai einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss eingerichtet: Um zu überprüfen, welche Sicherheitslücken in der Abwehr islamistischer Bedrohungen in Niedersachsen bestehen.

Und wenn es noch eines weiteren Beweises bedurft hätte, dass dieser Ausschuss richtig und notwendig ist, dann hat die heutige Berichterstattung in der „Neuen Presse“ diesen Beweis geliefert. Ich kündige für die CDU-Fraktion schon jetzt an, dass wir hierzu eine unverzügliche Unterrichtung der Landesregierung im Innenausschuss gleich in der Mittagspause erwarten!

Wer seine Sicherheitsbehörden derart im Regen stehen lässt, wie es dieser Innenminister offenbar tut, der muss sich am Ende nicht wundern, wenn Polizei und Verfassungsschutz ihre ordnungsgemäßen Aufgaben nicht mehr ausreichend wahrnehmen können!

Aus unserer Sicht ist es höchste Zeit, gegenzusteuern. Es ist notwendig, unseren Sicherheitskräften alles Notwendige an die Hand zu geben!

Dazu gehört

1. die Polizei endlich mit Waffen, persönlicher Schutzausstattung und Fahrzeugen auszustatten, die geeignet sind, auf Anschläge nach dem Muster von Paris oder Bombay zu reagieren,

2. gemeinsam mit der Bundeswehr Vorbereitungen zum Einsatz von Bundeswehreinheiten, wie Feldjägern, im Wege der Amtshilfe bei Terroranschlägen zu treffen,

3. kurzfristig eine Evaluation des Polizeirechts zur verbesserten Terrorabwehr durchzuführen,

4. kurzfristig ein Handlungskonzept zur Bekämpfung des Islamismus einschließlich eines Landesprogramms zur Islamismusprävention vorzulegen,

5. einen Gesetzentwurf zum Ausbau der Videoüberwachung auf zentralen öffentlichen Plätzen und in Bussen und Bahnen vorzulegen,

6. endlich zusätzliche Maßnahmen zur Bekämpfung der steigenden Einbruchskriminalität zu ergreifen,

7. islamistische Moscheen und Versammlungsstellen eng zu überwachen,

8. ein Personalentwicklungskonzept für die Polizei und den Verfassungsschutz

einschließlich der Schaffung von mindestens 1 000 zusätzlichen Stellen aufzulegen, zusätzlich 200 Stellen für den Verwaltungsdienst.

9. die sogenannte Beschwerdestelle im Innenministerium aufzulösen, weil sie die Arbeit der Polizeiarbeit einem Generalverdacht aussetzt und niemandem hilft und

10. Bürokratie abzubauen und nicht aufzubauen, damit die Polizistinnen und Polizisten nicht von ihrer eigentlichen Arbeit abgehalten werden.

Wir können auch bei uns in Niedersachsen nicht alles so lassen, wie es ist. Dazu ist die Bedrohung zu real. Niemand kann absolute Sicherheit garantieren. Aber das uns Mögliche müssen wir tun. Das sind wir den Menschen in Niedersachsen schuldig!

Lassen Sie mich einen weiteren Punkt ansprechen. Es geht um die Verhandlungen zum Islamvertrag.

Wir haben in den letzten Monaten dazu im Plenum manch kontroverse Debatte geführt. Sie, Herr Weil, hätten die Gelegenheit gehabt, hier im Plenum klar Stellung zu beziehen. Das haben Sie bewusst nicht getan. Sie haben vielmehr Ihre Kultusministerin vorgeschickt. Auch das war sicherlich kein Ausdruck „innerer Stärke.“

Wir haben uns als CDU-Fraktion immer klar und eindeutig positioniert. Wir haben klare Bedingungen formuliert. Wir haben auch klar gesagt, was geht und was nicht geht. Sie aber zögern und lavieren bis heute. Wir stehen auch jetzt mit unserer Meinung nicht allein.

Der grüne Bundesvorsitzende Cem Özdemir hat mit Blick auf DITIB von einer „türkischen Pegida“ gesprochen. Es ist ein Vergleich, den ich mir im Übrigen nicht zu Eigen machen würde.

Aber ich frage Sie, Frau Kollegin Piel: Wie wollen Sie weitere Verhandlungen mit DITIB eigentlich gegenüber der Öffentlichkeit rechtfertigen, wenn Ihre eigenen Parteifreunde schon solch schwere Geschütze auffahren?

Im Übrigen sind auch die Landesregierungen von Rheinland-Pfalz und NRW deutlich auf Abstand gegangen. Die Regierung von Frau Dreyer hat die Verhandlungen mit DITIB über den islamischen Religionsunterricht in Gänze ausgesetzt.

Kein Gutachten dieser Welt kann die angebliche Unabhängigkeit des türkisch-islamischen Verbandes DITIB vom türkischen Staat belegen. Den Nachweis, dass man organisatorisch, ideell und finanziell unabhängig ist vom türkischen Staat, den kann DITIB am Ende nur selbst erbringen: Indem man sich vom Einfluss der türkischen Religionsbehörde dauerhaft befreit!

Herr Weil! Sie haben in Ihrer Regierungserklärung auch Bezug genommen auf die zugespitzte innenpolitische Situation in der Türkei nach dem gescheiterten Militärputsch.

In Baden-Württemberg hat die dortige schwarz-grüne Landesregierung die Bitte des türkischen Generalkonsuls abgelehnt, eine Liste mit 30 Einrichtungen der Gülen-Bewegung neu zu bewerten. Ich frage mich, ob die Staatskanzlei in Hannover auch so konsequent verfährt!

In der gestrigen Ausgabe des „Rundblick“ war zu lesen, dass die Staatskanzlei alle Ministerien aufgefordert habe, Fakten über die Gülen-Bewegung in Niedersachsen zusammenzutragen.

Ich frage mich: Zu welchem Zweck wird hier gesammelt? Wem nützt so etwas? Und wäre das nicht eigentliche eine Aufgabe des polizeilichen Staatsschutzes und des Verfassungsschutzes?! Was ist, wenn diese Datensammlung in falsche Hände gerät? Wir sehen hier durchaus noch Aufklärungsbedarf!

Boykottanrufe sind aus unserer Sicht ein absolutes „No Go“. Bewusste Ausgrenzung von Menschen aus Gründen der Nationalität und Gesinnung, die darf es in Deutschland niemals mehr geben!

Das Schuljahr in Niedersachsen ist erst wenige Wochen alt. Aber die Stimmung an den Schulen ist schon jetzt auf einem neuen Tiefpunkt angelangt. Das hat weniger mit der Einstellung der Lehrer zu tun. Im Gegenteil. Die Lehrerinnen und Lehrer machen einen tollen Job unter erschwerten Bedingungen!

Was zu Recht alle aufregt, das ist die katastrophal schlechte Unterrichtsversorgung. Die schlechteste seit 15 Jahren. Und dafür trägt allein die Kultusministerin die Verantwortung. Sie hat den Lehrermangel in Niedersachsen selbst provoziert. Sie hat alles getan, um den Lehrerberuf unattraktiv zu machen!

Das Bild, was Frau Heiligenstadt seit Jahren abgibt, ist ein Bild der Schwäche. Nichts an der Politik im Bildungsbereich hat etwas mit „innerer Stärke“ zu tun!

Stärke in der Schulpolitik – das heißt aus unserer Sicht

 

  1. Endlich den jahrelangen Streit mit Lehrkräften zu beenden. Wir brauchen endlich eine unabhängige Erhebung der Arbeitszeit der Lehrkräfte UND eine schnelle Umsetzung von Entlastungen, die keine Lehrerstunden kosten, zum Beispiel mehr Verwaltungsunterstützung für kleine Grundschulen.

 

  1. Um die katastrophale Unterrichtsversorgung an den berufsbildenden Schulen zu verbessern, müssen diese endlich wieder die Hoheit über die Stellenbewirtschaftung bei den Lehrerstellen übernehmen. Wir brauchen ein Modell, das die Steuerung vor Ort ermöglicht!

 

  1. Ebenso notwendig ist eine Anschlusslösung für die Schulsozialarbeit. Das muss das Kultusministerium endlich ein neues Landeskonzept für die Schulsozialarbeit in Abstimmung mit den Kommunen vorlegen. Bewährte Konzepte vor Ort müssen unter Einbindung der freien Träger und des bisherigen Personals weitergeführt werden können!

 

Niedersachsen ist Agrarland Nummer eins. Die Landwirtschaft mit ihrem vor- und nachgelagerten Bereich macht in gewisser Weise auch die wirtschaftliche Stärke unseres Landes aus. Vor diesem Hintergrund hätte ich mir von Ihnen, Herr Weil, hier und heute ein Bekenntnis zu unseren Landwirten gewünscht!

Ich finde es empörend, wenn Kinder aus Bauernfamilien von Schulkameraden geschnitten werden. Es ist auch ein Alarmsignal, wenn sich die Anrufe beim Sorgentelefon für die  Landwirte häufen.

Es ist ja kein Zufall, dass immer mehr Landwirte entnervt aufgeben. Ganz wesentlich dazu beigetragen hat Ihr Landwirtschaftsminister. Er lässt keine Gelegenheit aus, die Landwirte an den Pranger zu stellen.

Meine Fraktion sieht diese öffentliche Bloßstellung eines ganzen Berufsstandes mit wachsendem Unbehagen! Die Landwirte leisten täglich Wertvolles für unser Land:

Sie produzieren hochwertige, sichere und bezahlbare Lebensmittel. Sie gehen in ihrer ganz überwiegenden Mehrheit höchst verantwortungsvoll mit ihren Tieren um. Sie tragen ganz wesentlich auch zur Wertschöpfung im ländlichen Raum bei. Sie sind eine Stütze für uns alle!

Wir dürfen die Bäuerinnen und Bauern nicht im Regen stehen lassen. Sie verdienen unsere Achtung und Anerkennung! Es wäre deshalb auch die Aufgabe der Landespolitik, den landwirtschaftlichen Familienbetrieben endlich wieder verlässliche Rahmenbedingungen zu bieten!

Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, die Wertschätzung für die Arbeit unserer Landwirte zurückzugewinnen und auch für die Zukunft zu erhalten!

Für mich und meine Fraktion bleibt nach dieser Regierungserklärung ein ernüchterndes Fazit. Ohne klare Ziele gibt es keine klaren Prioritäten. Ohne Ziele bleibt vieles Zufall. Auch deshalb ist die rot-grüne Politik in Niedersachsen ein stetiger Reparaturbetrieb!

Diese Regierungserklärung hat erneut deutlich gemacht: Niedersachsen ist bei dieser Landesregierung in denkbar schlechten Händen.

Es ist höchste Zeit, dass unser Land zu innerer Stärke, zu einer mutigen Politik zurückkehrt!"

 

Rede der SPD-Fraktionsvorsitzenden Johanne Modder: Dieses Land hat eine große Aufgabe gestemmt. Darauf sollten wir miteinander stolz sein!

während der Plenarsitzung vom 17.08.2016 im Niedersächsischen Landtag

Es gilt das gesprochene Wort.

Anrede,

zunächst einmal bedanke ich mich bei unserem Ministerpräsidenten Stephan Weil für seine Regierungserklärung. Es ist richtig, nach den beunruhigenden Nachrichten und schlimmen Ereignissen der letzten Wochen eine Standortbeschreibung zu geben und aufzuzeigen, wo unser Land steht und welchen Kurs unser Land unter Rot-Grün weiter nimmt.

Der Ministerpräsident hat es richtig benannt: Die Flüchtlingsströme der letzten 12 Monate haben unser Land durchgeschüttelt. Wie oft haben wir, auch hier in diesem Hause, über die Bewältigung der riesigen und schnellen Zuwanderung diskutiert und gestritten.

Und dennoch sollten wir alle zusammen einmal kurz innehalten.

Die große Hilfsbereitschaft in unserer Bevölkerung, die vielen Ehrenamtlichen, die sich noch immer in einer unglaublichen beeindruckenden Art und Weise um die hier Schutzsuchenden kümmern, die große Einsatzbereitschaft unserer Rettungskräfte, das Zusammenspiel von Sicherheitsbehörden und ein starker und funktionierender Staat – bis in die kleinste Gemeinde hinein – haben dafür gesorgt, dass alle Flüchtlinge gut versorgt werden konnten.

Dieses Land hat eine große Aufgabe gestemmt. Darauf sollten wir miteinander stolz sein!

Anrede,

in diese Gemengelage mischen sich jetzt noch die schrecklichen Ereignisse der vergangenen Wochen.

Ich spreche die furchtbaren Anschläge in Europa und bei uns in Deutschland an. Die vielen Opfer, die wir zu beklagen haben, machen uns fassungslos. Unser Mitgefühl und unsere Gedanken sind bei den Hinterbliebenen.

Viele Menschen sind verunsichert, weil wir nach Jahrzehnten des friedlichen Zusammenlebens und ohne größere Bedrohungslagen auf einmal damit konfrontiert werden, dass es Menschen gibt, die das Leid anderer in Kauf nehmen. Menschen, die Hass, Angst und Schrecken verbreiten, um ihre eigenen Ideologien durchzusetzen.

Es gibt keine Rechtfertigung und keine Akzeptanz für solche widerwärtigen Handlungen, und es wird kein Nachlassen im Kampf gegen den Terrorismus geben.

Anrede,

die terroristischen Anschläge, insbesondere der islamistische Terror, machen den Menschen Angst. Und sie zeigen, dass es leider keine hundertprozentige Sicherheit gibt.

Wofür wir aber zu sorgen haben und worauf sich die Menschen verlassen können, ist, dass unsere Sicherheitsbehörden und insbesondere unsere Polizei auf diese neuen Sicherheitslagen vorbereitet sind und auch weiterhin gut vorbreitet werden.

Anrede,

unsere Polizei ist gut aufgestellt. Das haben sie bei den unterschiedlichsten Gefahrenlagen und Einsätzen unter Beweis gestellt. Der Ministerpräsident hat hier beispielhaft auf die Absage des Fußballländerspiels in Hannover hingewiesen.

Und deshalb genießen unsere Sicherheitsbehörden und unsere Polizei unser vollstes Vertrauen. Für den täglichen Einsatz und das Engagement danke ich im Namen meiner Fraktion ganz herzlich!

Anrede,

daher ist es auch der richtige Weg, wenn wir im Doppelhaushalt 2017/2018 die Einstellung von weiteren 300 zusätzlichen AnwärterInnen vorsehen.

Auch die Wiedereinführung der Heilfürsorge und die Anhebung der Zuschläge für den Dienst zu ungünstigen Zeiten ist ein deutliches Signal der Wertschätzung an die Kolleginnen und Kollegen.

Anrede,

aber genau hier, in der Frage der Inneren Sicherheit und der Sicherheitspolitik haben wir, meine Damen und Herren von der CDU, völlig unterschiedliche Sicht- und Herangehensweisen. Das ist in den letzten Wochen und zuletzt durch Ihren Landesparteitag vom letzten Wochenende nochmal deutlich geworden:

Wir haben großes Vertrauen und setzen auf Stärkung und bessere Ausstattung unserer Polizei. Sie, meine Damen und Herren von der CDU, spielen mit der Unsicherheit der Menschen, schüren Ängste und setzen auf Spaltung. Wir setzen auf Zusammenhalt!

Wie titelte die NWZ: 1.000 zusätzliche Polizisten sofort, flächendeckende Videoüberwachung, verdachtsunabhängige Kontrollen und härtere Gesetze.

Auch die Äußerungen von der Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf ihrem Parteitag zum Einsatz der Bundeswehr im Inneren schüren weitere Ängste und schädigen das Ansehen unserer Polizei.

Mein Kollege Uli Watermann hat sich dazu bereits öffentlich geäußert und ich kann ihm nur beipflichten.

In unserem Grundgesetz ist nicht ohne Grund eine klare Trennung von innerer und äußerer Sicherheit verankert. Dabei haben sich die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes auch etwas gedacht und wir sind gut beraten, es dabei auch zu belassen.

Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, als sei der Staat heute handlungsunfähig. Denn das ist schlichtweg falsch!

Ich will einen weiteren Punkt nennen, bei dem deutlich wird, dass Sie die Spaltung unserer Gesellschaft in Kauf nehmen: Ihr Interview, Herr Thümler, zur Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft.

Leider sind Sie auf den bereits abgefahrenen Zug einiger aufgeregter CDU-Innenpolitiker gesprungen, die in den anstehenden Landtagswahlen wohl das Ziel haben, die AfD rechts überholen zu wollen.

Dieser Zug ist durch den Bundesinnenminister de Maizière dann sehr schnell mit der Notbremse wieder gestoppt worden. Deutlicher kann man die Uneinigkeit in der Union wohl nicht beschreiben.

In ihrem vordergründigen Bestreben, mehr Sicherheit zu schaffen, sorgen Sie für noch mehr Unsicherheit in der Bevölkerung. Sie erweisen damit der politischen Debatte einen Bärendienst.

Was aber noch viel schlimmer ist: mit Ihrer Aussage stellen Sie alle Menschen, die eine doppelte Staatsbürgerschaft haben – insbesondere unsere deutsch-türkischen MitbürgerInnen  – unter Generalverdacht.

Das, meine Damen und Herren, geht überhaupt nicht, und das verurteilen wir aufs Schärfste!

Anrede,

ich bin davon überzeugt, dass das Thema der Inneren Sicherheit uns in den nächsten Monaten und durch die anstehenden Wahlen weiter begleiten wird. Ich kann nur hoffen und alle dazu aufrufen, dass wir sie nicht zum politischen Spielball werden lassen.

Und da zitiere ich unseren Ministerpräsidenten Stephan Weil sehr gerne: „Es wird getan werden, was getan werden muss. Aber man muss Sicherheit nicht simulieren.“

Anrede,

„Sicherheit durch innere Stärke“ ist der Titel dieser Regierungserklärung, und der Titel ist gut gewählt.

Der Ministerpräsident hat in seiner Analyse die Situation in unserem Land, wie ich finde, sehr gut beschrieben.

Niedersachsen ist auf einem guten Weg. Wir haben in den letzten Jahren viel geschafft und vor allem haben wir trotz der großen Herausforderungen, die wir zu meistern hatten, unser Land weiter auf Erfolgskurs gebracht.

Anrede,

und die Menschen spüren, dass unser Land gut regiert wird. Der Ministerpräsident hat die Kennzeichen für diese positive Entwicklung aufgezeigt, die ich hier nur noch stichpunktartig aufzählen möchte:

 

-       Die wirtschaftliche Entwicklung ist robust und die Arbeitslosenquote liegt auf einem Rekordtief.

 

-       Die Zahl der Studierenden an unseren Hochschulen war noch nie so hoch.

 

-       Es gab noch nie so viele Plätze in Kindertagesstätten und Ganztagsschulen. Die Bildungschancen unserer Kinder haben sich deutlich verbessert.

 

-       Wir sanieren unsere Krankenhäuser und lösen den Investitionsstau endlich auf.

 

-       Wir schaffen 10.000 neue bezahlbare Wohnungen.

 

-       Wir unterstützen unsere Kommunen und entlasten sie mit weiteren 630 Millionen Euro bei der Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge.

Der Nachtrag 2016 wird heute eingebracht.

 

-       Unser Bündnis für Niedersachsen ist bundesweit einmalig. Ein breites gesellschaftliches Bündnis, das eine echte Integration will und um den sozialen Zündstoff des Scheiterns weiß.

 

-       Wir setzen weiter auf Sprachförderung von Anfang an und für alle, auf Wertevermittlung und auf Kompetenzfeststellung.

 

-       Wir setzen bei der Bekämpfung von Extremismus, von welcher Seite auch immer, auf Prävention und Aufklärung.

 

-       Wir haben die höchste Anzahl an Polizistinnen und Polizisten in unserem Land und wir wollen weitere ausbilden.

 

Und wir werden 2018 ohne Nettoneuverschuldung auskommen. Das, meine Damen und Herren, hat es in der fast siebzigjährigen Geschichte des Landes Niedersachsen noch nicht gegeben!

 

Anrede,

Niedersachsen ist ein starkes Land. Und aus dieser Stärke heraus sind wir in der Lage, die Herausforderungen anzunehmen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern.

Nur eine Gesellschaft, die zusammenhält, ist stark genug, auch schwierige Zeiten solidarisch zu überstehen.

Wir als Politikerinnen und Politiker haben die Aufgabe, bei allem Ringen um den richtigen Weg, den Zusammenhalt unserer Gesellschaft nicht leichtfertigt aufs Spiel zu setzen. Niemandem ist geholfen, wenn wir Angst verstärken und Unsicherheit kurzfristig für den eigenen Erfolg instrumentalisieren.

Auch wenn es unbestritten die Aufgabe der Opposition ist, Fehler der Regierung und der sie tragenden Fraktionen aufzuspüren und aufzuzeigen, so war es doch immer auch in diesem Parlament ein ungeschriebenes Gesetz, dass man sich in wichtigen grundsätzlichen Fragen zusammengerauft hat.

Die Innere Sicherheit in unserem Land ist so eine grundsätzliche Frage.

Vielleicht schaffen wir es ja noch, die im 23. Untersuchungsausschuss aufgeworfenen Fragen vernünftig und sachgerecht miteinander zu klären. Sie wissen so gut wie ich, dass unsere Sicherheitsbehörden und Polizeikräfte besonders in dieser unruhigen Zeit Besseres zu tun haben, als hunderttausende Seiten von Aktenmaterial aufzubereiten. Die in Frage stehende Einsetzung eines Ermittlungsbeauftragten könnte ein erster Schritt zur Entlastung sein!

Lassen Sie uns aufeinander zugehen! Das wäre ein starkes Signal.

 

Anrede,

zum Schluss möchte ich gerne einen weiteren Versuch für ein gutes Miteinander starten:

Ich möchte dabei die Verträge mit den muslimischen Glaubensgemeinschaften ansprechen.

Wir hatten aus meiner Sicht noch vor der Sommerpause einen guten Vertragsentwurf erarbeitet, der – glaube ich – alle vorgebrachten Punkte von CDU und FDP aufgenommen hat. Vieles setzte auf das auf, was unter den ehemaligen Ministerpräsidenten Wulff und McAllister begonnen wurde.

Wir hatten uns auch über das weitere Verfahren verständigt und waren so verblieben, dass sich die Fraktionsvorsitzenden nach der Beratung in den Fraktionen nach der Sommerpause zu weiteren Verhandlungen treffen würden. Leider wurde diese Vereinbarung einseitig seitens der CDU-Fraktion aufgekündigt. Ich halte diese Vorgehensweise für übereilt und für falsch.

Sicherlich haben wir nach den unglaublichen Ereignissen in der Türkei Klärungsbedarf und allemal nach den Boykottaufrufen, die jetzt bekannt geworden sind. An dieser Stelle möchte ich Ihnen gerne den Satz meiner Kollegin Anja Piel nahelegen: „In dieser Situation nichts zu tun ist die denkbar schlechteste Lösung“.

Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass auch Sie, meine Damen und Herren der CDU, wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren, weil auch sie als Christdemokraten die Bitten der beiden großen Kirchen nicht völlig ignorieren sollten. Der Vertrag kann ein wichtiger Baustein für eine gelingende Integration sein, ein Zeichen dafür, dass alle hier lebenden Menschen die gleichen Werte teilen.

Ich habe aber auch die herzliche Bitte, dass Sie sich ein Stück ehrlicher machen und den Menschen erklären, warum Sie auf der einen Seite sich gegen Ditib stellen, aber auf der anderen Seite durchaus Ditib-Vertreter auf Ihren kommunalpolitischen Listen kandidieren. Oder wie jetzt gestern bekannt wurde, trifft die Bundeskanzlerin Verabredungen mit Herrn Erdogan, obwohl sie weiß, dass dieser militante islamistische Organisationen unterstützt. Wie passt das zusammen?

Auch haben Sie in Ihrer Regierungszeit selbst Vereinbarungen mit Ditib geschlossen. So z. B. zum Islamunterricht an niedersächsischen Schulen. Heute wollen Sie davon nichts mehr wissen?

 

Anrede,

die Menschen müssen, so hat es auch der Ministerpräsident ausgeführt, Vertrauen in den Staat und die Politik haben, damit unser Land zusammenhält und sich weiter gut entwickeln kann.

In diesem Sinne will auch ich es nicht versäumen, besonders auf den 11. September hinzuweisen. Dann stellen sich in unserem Land viele ehrenamtliche KommunalpolitikerInnen zur Wahl.

Es wäre ein starkes Signal für unsere Demokratie, wenn möglichst viele Niedersächsinnen und Niedersachsen ihr Wahlrecht wahrnehmen würden.

Die Kommunalpolitik ist das Herzstück unserer Demokratie, und die vielen ehrenamtlichen PolitikerInnen, die sich für fünf Jahre verpflichten, sich für unser Gemeinwohl einzusetzen, haben eine hohe Wahlbeteiligung verdient!

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

 

17.08.2016

Rede Anja Piel zur Regierungserklärung "Sicherheit durch innere Stärke"

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

bei Facebook kursierte in den letzten Wochen ein Ausschnitt aus einem Interview des Spiegels mit Theodor W. Adorno von 1969. Die Journalisten begannen das Gespräch so: „Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung…“. „Mir nicht“, antwortete Adorno denkbar knapp.

Damals ging es um Studentenproteste an deutschen Unis. Heute geht es um andere Dinge, die uns aber auch sehr nah gehen. Und dennoch: Die Welt ist nicht erst seit dem Herbst 2015 kompliziert.

Darum bitte ich Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, ein bisschen weniger Alarmismus zu verbreiten. Wir leben in bewegten Zeiten, aber dem begegnen wir weder mit Jammern noch mit hektischer Betriebsamkeit, sondern mit kluger und verantwortungsvoller Politik. Einer Politik, die keinesfalls das aufs Spiel setzt, was unsere Gesellschaft erst zu dem gemacht hat, was sie heute ist. Nämlich eine Gesellschaft, deren innere Stärke sich vor allem durch Offenheit auszeichnet.

Eine Gesellschaft, die Unterschiede zulässt, und Vielfalt willkommen heißt, anstatt Einheitlichkeit anzustreben. Eine Gesellschaft, in der das friedliche Zusammenleben der unterschiedlichsten Lebensentwürfe möglich ist.

Natürlich gibt es in einer solchen vielfältigen und globalisierten Welt, in der wir auch hier in Niedersachsen nun einmal leben, Probleme und Konflikte, die auch angesprochen werden müssen – und für die man Lösungen finden muss.

So hat uns alle die Einwanderung von hunderttausenden Flüchtlingen im letzten Jahr vor große Herausforderungen gestellt. Wir alle mussten uns an neue Nachbarn gewöhnen – in der Bahn, im Supermarkt und in den Kindergärten und Schulen.

Die vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer arbeiteten bis zur Erschöpfung und waren mit Geschichten konfrontiert, die man als Zuhörer nicht so einfach wegsteckt. Die Verwaltung musste und muss weiterhin mit Anforderungen zurechtkommen, auf die sie nicht vorbereitet war, nicht vorbereitet sein konnte.

Und schließlich betrafen die Herausforderungen auch uns Politikerinnen und Politiker, weil wir auf all die Fragen Antworten finden mussten. Weil wir in einem nicht gekannten Umfang Strukturen schaffen mussten, die so noch nicht da waren. Bei all dem möchte ich hinzufügen: Die größte Belastung lag und liegt weiterhin bei denjenigen, die vor Krieg und Terror zu uns fliehen.

Es haben nun auch in Deutschland Anschläge stattgefunden, die jede und jeden treffen können und die mit Ideologien begründet werden, die rational kaum nachzuvollziehen sind.  Damit meine ich den islamistischen Terror ebenso wie die rechtsradikalen Gedanken, die hinter dem Amoklauf in München stehen, oder hinter den Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte. Und keine Frage: Gewalt, egal aus welchem Spektrum sie sich nährt, ist eine Bedrohung für die ganze Gesellschaft. Wir tolerieren das nicht.

Und weil auch davon heute schon die Rede war: Wir haben in Niedersachsen erlebt, wie sich der größte Arbeitgeber und Wirtschaftsmotor des Landes durch eigenes Fehlverhalten in existenzielle Probleme manövriert hat. Das, was jetzt geschieht, sind dabei ja nur die rechtlichen, wirtschaftlichen und politischen Konsequenzen aus Betrügereien, die schon lange vorher stattgefunden haben.

Die Folgen treffen jetzt den Konzern VW und die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nach bestem Wissen und Gewissen daran gearbeitet haben, die eigenen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

Was die Fälschung von Abgaswerten für die Verbraucherinnen und Verbraucher bedeutet, wird sich im Einzelfall gar nicht mehr bewerten lassen. Ich will es nur noch mal sagen: Es geht hier nicht nur um Wirtschaft, es geht auch um die Umwelt und die Gesundheit der Menschen.

Das klingt nun alles sehr besorgniserregend. Und wir mussten in den letzten Monaten und Jahren auch öfter kurzfristig auf Krisen reagieren, als mir persönlich lieb gewesen ist.

Allen, die meinen, es ginge nicht schnell genug und es müssten für die Probleme sofort Lösungen her, möchte ich entgegenhalten: Neben dem wichtigen Tagesgeschäft hat Politik auch in langen Linien zu denken und zu agieren. Und da stehen wir in Niedersachsen gar nicht schlecht da.

In manchen Reden, die ich bisher gehört habe, hat mir etwas Wichtiges gefehlt: Es gelingt der Politik in Niedersachsen, als Moderator die gesellschaftlichen Veränderungen zu begleiten. Das braucht aber in der Tat Zeit und es mag denen, die sich nach schnellen Lösungen und klaren Unterscheidungen sehnen, unbefriedigend erscheinen. Aber kurzfristiges Denken in der Politik ist selten auch langfristig effektiv.

Wir lernen, miteinander zu reden. Nicht nur hier im Plenum, wo wir uns neben allen gegenseitigen Schuldzuweisungen auch zunehmend an Lösungen etwa für eine gute Integrationsarbeit gemeinsam arbeiten. Sondern auch dort, wo Politik auf Zivilgesellschaft trifft.

Nehmen wir als Beispiel die Initiative „Niedersachsen packt an“. Hier geht es nicht um schnelle Lösungen. Sondern es geht darum, Räume zu schaffen, in denen sich die Vertreterinnen und Vertreter aller Gruppen austauschen.

Oder aber die Islamverträge: Schon in der Vorbereitung der Verträge konnten wir beobachten, wie sich in der Öffentlichkeit etwas verschob. Die Vertreterinnen und Vertreter der Muslime werden zunehmend als eigene Stimme wahrgenommen.

Und genau darum geht es: Dass wir miteinander reden, anstatt übereinander zu sprechen. Und darum will ich an dieser Stelle noch einmal eindringlich für diese Verträge werben. Für den Zusammenhalt in der Gesellschaft ist nichts wichtiger, als sich Gesprächen und einer Zusammenarbeit an Themen zu stellen.

Und vielleicht wird der Blick der Öffentlichkeit auch bei VW etwas bewirken, was konzernintern trotz der vorbildlichen MitarbeiterInnenbeteiligung bisher nicht gelungen ist: Dass dieser Konzern sich auf eine moderne, klimafreundliche und multimodale Mobilität umstellt. Auch hier ist die Krise eine Chance, wenn sie als solche begriffen wird

Wir erleben derzeit den Aufstieg einer angeblichen alternativen Kraft in Deutschland, die sich ausschließlich durch Abgrenzung definiert. Und ich will es deutlich beim Namen nennen. Angesichts bevorstehender Wahlen versucht sich im Moment auch die CDU in Niedersachsen darin, mit dem Ruf nach mehr Härte in der Sicherheitspolitik als starke Kraft im Land zu profilieren.

Aber, Herr Thümler, so viele Menschen können Sie gar nicht (um Ihre Worte zu benutzen) „rauswerfen“, um eine Gesellschaft zu erreichen, die so homogen ist, wie Sie das gern hätten.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU,

Sie lösen überhaupt kein einziges Problem in der Türkei oder hier damit, dass Sie Gespräche mit muslimischen Verbänden verweigern oder türkischstämmigen Menschen die Ausweisung oder den Passentzug androhen. Oder glauben Sie, dass die Verbände ihre Arbeit einstellen, wenn wir nicht mit ihnen reden?

Machen wir den Leuten nichts vor. Die Welt ist nicht einfach, sie war es nie. Das können wir beklagen oder feiern, es wird sich nicht ändern. Aber weil das so ist, müssen wir mit den Menschen, mit den Verbänden und den Unternehmen in diesem Land sprechen und sie einladen, Niedersachsen mitzugestalten.

Jede Landesregierung muss die Probleme lösen, die sich ihr stellen. Ich bin Herrn Ministerpräsident Weil dankbar, dass er nicht nur eine Idee vom Zusammenleben in Niedersachsen hat, sondern sich mit seinen, mit unseren Ideen, der Auseinandersetzung stellt. Im Übrigen knüpfen wir in manchen Feldern an die Arbeit der alten Landesregierung an, die ganz sicher auch nicht alles falsch gemacht hat.

Nur ein kleines Beispiel: Für die gute Zusammenarbeit mit den muslimischen Verbänden in den Bereichen der Seelsorge und beim Religionsunterricht haben Sie die Grundlage geschaffen, verehrte Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP. Zum Glück waren Sie in Regierungszeiten noch etwas mutiger als jetzt.

Politik kann gesellschaftliche Prozesse nicht einfach nur begleiten, sie muss sie moderieren.  Dazu braucht es den Mut, mit seinen Ideen und Überzeugungen in die Auseinandersetzung zu gehen. Und hier nutzen wir als Koalition aus SPD und Grünen die Chance, inmitten aller gesellschaftlichen Veränderungen das Land nach vorne zu bringen.

Vielen Dank.

 

 

 



 

 

 
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