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Der Kommentar

Eine simple Automatik hätte unter Umständen 149 plus 1 Menschenleben retten können

Von Ralph Lorenz

Auch das noch. Dem Luftfahrtbundesamt sind vom medizinischen Dienst der Lufthansa wichtige Informationen über die schweren Depressionen von Copilot Andreas Lubitz vorenthalten worden. Dies berichtet heute die Welt am Sonntag.

Mehr noch: Die Flugmediziner hätten seit April 2013 bei schweren Krankheiten wie einer Depression an die Aufsichtsbehörde Meldung erstatten müssen. Haben sie aber gerade in diesem Fall offensichtlich nicht mit der gebotenen Sorgfalt. Mit anderen Worten: Es gibt bereits institutionelle Schutzvorkehrungen für den Fall der Berufsunfähigkeit durch schwere psychische Erkrankungen eines Piloten. Was nützen sie aber wenn die Regeln aus welchem Grund auch immer nicht beachtet werden?


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Bevor nunmehr der übliche Aktionismus beginnt, sollte also geklärt werden wie ernsthaft die bisher bestehenden Sicherheitsmechanismen in der gängigen Praxis befolgt worden sind. Sollte sich der Anfangsverdacht eines regelwidrigen Verhaltens des medizinischen Dienstes der Lufthansa bestätigen, hätten die Lufthansa-Oberen jetzt erneut ein echtes Problem.

Gleichwohl ist es aber sinnvoll sich gerade vor diesem Hintergrund über eine weitere Verbesserung des Meldesystems Gedanken zu machen.  Wenn in der Technik schon doppelt ausgelegt Sicherheitskreise Standard sind, sollte die mehrfache Auslegung auch in der übrigen Umsetzung der Sicherheitsvorschriften gelten. Fakt ist: Der Pilot hat trotz gewissenhafter Krankschreibung durch den Arzt seinen Dienst in einem Zustand der Dienstunfähigkeit angetreten. Der Arzt hat ihm also für einen bestimmten Zeitraum das Fliegen verboten. Nur: Der Arbeitgeber, die Lufthansa-Tochter Germanwings, wusste nichts davon, weil der Pilot die ihm in die Hand gedrückte Krankschreibung vorsätzlich nicht weitergereicht hatte. Hätte also der Arzt vorsichtshalber die Schweigepflicht brechen sollen? Wäre er mit hellseherischen Gaben ausgestattet, so hätte er dies bestimmt getan.

Bei Recherche-Gesprächen für diesen Kommentar hat ein uns bekannter Arzt einen Vorschlag unterbreitet, der sich in der Praxis ohne weiteres umsetzen ließe ohne den Bruch der ärztlichen Schweigepflicht zu riskieren, die ein sehr hohes Gut im Vertrauensverhältnis zum Patienten ist.

Die einfach Lösung: Direkte Krankmeldung aus dem Arzt-PC an den Arbeitgeber - ohne Diagnose-Angabe!

Die Idee: Warum nicht einfach den Arzt in die Lage versetzen aus dem Praxis-Computer heraus den Arbeitgeber auf Knopfdruck und ohne Zeitverlust über die soeben erfolgte Krankschreibung seines Angestellten zu informieren? Und zwar ohne Diagnose-Vermerk? Damit wären zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Das Vertrauensverhältnis wäre gewahrt (weil keine Diagnoseangaben) – der Arbeitgeber aber gleichzeitig über die Dienstunfähigkeit informiert. Wörtlich schlug der Arzt deshalb vor: "Im übrigen ist jede Information per Computer an den Arbeitgeber nichts anderes als die Krankmeldung, die der Arbeitnehmer erhält um sie an den Arbeitgeber unverzüglich weiterzuleiten. Damit entfällt die Gefahr wie bei dem Germanwings-Piloten eine Krankmeldung dem Arbeitgeber vorzuenthalten."

Krankheit darf darüberhinaus in der Arbeitswelt kein Makel sein. Oftmals ist sie ein warnender Hinweis dafür, dass ein Arbeitnehmer bis an die Grenzen seiner Gesundheit gegangen ist um seinen Job gut zu machen oder zu Ende zu bringen.

Für den Betroffenen wäre diese Regelung aber ein Schutz vor sich selbst und ein Schutz für die Allgemeinheit. Allerdings: Auch hier bleibt ein Restrisiko. Wenn sich der Patient dem Arzt seines Vertrauens nicht offenbart und ein guter Schauspieler ist, stößt auch die ärztliche Kunst an ihre Grenzen. Die Wahrung der Vertrauensebene ist deshalb unabdingbare Voraussetzung.

Die Sicherheitstechnik gerade der Lufthansa ist nahezu perfekt, was die Statistik eindrucksvoll belegt – das Restrisiko bleibt der Mensch. Das gilt für den Air-Bus genauso wie für den Auto-Bus.

Tragisch für die Airline: Weil beständig in die Pilotenausbildung investiert wurde, wähnte sich die Lufthansa auch beim "weichen Faktor Mensch" auf der sicheren Seite. Trotz allem: Ich würde morgen schon wieder mit der Lufthansa fliegen.

Und mit Germanwings.

 

 

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